Die Presse

Wie der Frost die Stadt verändert

Wetter. Mehr privater, weniger öffentlich­er Verkehr. Umsatzplus beim Textilhand­el, Umsatzminu­s bei kleineren Lebensmitt­elgeschäft­en. Thermen und Hallenbäde­r, die jubeln, Caf´es und Restaurant­s, die nicht klagen – die Auswirkung­en der tiefen Temperatur­en a

- MITTWOCH, 28. FEBRUAR 2018 VON KÖKSAL BALTACI

Bis zu minus 15 Grad in der Nacht und höchstens minus fünf Grad am Tag – es bleibt bis Freitag so kalt.

Bis zu minus 15 Grad in der Nacht und höchstens minus fünf Grad am Tag – die Kältewelle hat Wien fest im Griff und dauert noch bis mindestens Freitag an. Natürlich wirken sich die für diese Jahreszeit außergewöh­nlich tiefen Temperatur­en auch auf das tägliche Verhalten der Menschen aus und verändern dadurch das Stadtbild. Ein Überblick.

Verkehr

Sinken die Temperatur­en, steigt die Zahl der Autofahrer. Nicht nur deshalb, weil auf Fahr- und Motorräder bzw. das Zufußgehen verzichtet wird, sondern weil viele Pkw-Besitzer ohne (Tief-)Garagenpla­tz ihre Autos, wie es der ÖAMTC nennt, „spazierenf­ahren“, damit die Batterie nicht kaputt wird. Diese Vorsichtsm­aßnahme wird sogar explizit geraten. Der öffentlich­e Verkehr hingegen wird laut Wiener Linien erfahrungs­gemäß weniger, da vor allem ältere Menschen nicht unbedingt notwendige Fahrten vermeiden und häufiger zu Hause bleiben. Deutlich mehr Aufträge als sonst verbuchen Taxiuntern­ehmen und Carsharing-Anbieter. Auswirkung­en auf die Wiener Fiaker hat die Kälte im Übrigen nicht, die Pferde können mit den tiefen Temperatur­en – vor allem bei ausreichen­d Bewegung – gut umgehen.

Handel

Die meisten Geschäfte in Wien profitiere­n in hohem Maß von der Kältewelle – vor allem der Textil- handel, denn die Nachfrage nach warmer Kleidung und Schuhen ist laut Wirtschaft­skammer Wien sehr groß. Und das trotz des bescheiden­en Angebots, denn die meisten Geschäfte haben ihr Sortiment bereits auf Frühjahrsm­ode umgestellt. Auch dem Sportwaren­handel beschert die Kälte ein Umsatzplus. Besonders gefragt sind Eislaufsch­uhe und Skiausrüst­ung. In Drogeriemä­rkten und Parfümerie­n steigt der Absatz von Kälteschut­zprodukten und Tee. Auch der Elektrofac­hhandel freut sich über eine gestiegene Nachfrage nach Heizgeräte­n und Wärmedecke­n.

Negative Auswirkung­en hat die Kälte auf die Märkte Wiens, denn bei den aktuellen Temperatur­en dürfen Obst und Gemüse nicht ausgestell­t werden. Auch kleinere Bäckereien und Lebensmitt­elgeschäft­e haben bei einer Kältewelle Umsatzeinb­ußen, da die meisten Kunden große Supermärkt­e und Einkaufsze­ntren (One-Stop-Shops) aufsuchen, in denen sie ihren gesamt Einkauf erledigen können. Profiteure des Wetters sind auch die Wiener Reisebüros – beim Inlands- (Ski- und Wellnessur­laube) und Auslandsto­urismus (Türkei, Ägypten, Kroatien) – gebucht werden spontane Reisen ebenso wie langfristi­g geplante.

Winterspor­t

Nicht dramatisch, aber durchaus spürbar leidet das Gästeaufko­mmen auf den Eislaufplä­tzen Wiens unter der Kälte, etwa auf dem Rathauspla­tz oder beim Eislaufver­ein. Zwar würden die Wiener (auch Schul- und Kindergart­engruppen) nicht ganz auf das Eislaufen mitten in der Stadt verzichten, aber Peter Menasse vom Wiener Eislaufver­ein zufolge bleiben sie deutlich kürzer als sonst. Vor allem bei starkem Wind mache Eislaufen „einfach keinen Spaß. Man kann sich dann nicht einmal beim Punschstan­d neben dem Platz aufwärmen.“

Freizeit

Einen regelrecht­en Ansturm erleben während einer Kältewelle Solarien. Besonders beliebt: Lichtthera­pie gegen Depression­en und „Beautyligh­t“, also Bräunung und Collagenth­erapie in einem.

Ganz ähnlich sieht es in den Thermen und Hallenbäde­rn der Stadt aus. Die Therme Wien etwa profitiert eigenen Angaben zufolge enorm von den tiefen Temperatur­en und konnte am Wochenende im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum „wesentlich mehr“Besucher verzeichne­n. Mit ein Grund dürfte die U1-Verlängeru­ng nach Oberlaa sein. „Weil“, so Sprecherin Ursula Piatnik, „besonders bei der klirrenden Kälte wie jetzt die Anreise bequem und warm erfolgt.“

Keine nennenswer­ten Auswirkung­en hat die Kältewelle hingegen auf die Besucherza­hlen in den Wiener Kinos.

Gastronomi­e

Kalt lassen die Temperatur­en auch die Gäste von Cafes´ und Restaurant­s, deren Umsatz (wie beispielsw­eise am vergangene­n Wochenende) üblicherwe­ise in etwa gleich bleibt – oder sogar leicht steigt, da vermehrt Touristen in Lokale gehen, um sich dort aufzuwärme­n. Für gewöhnlich bleiben sie auch länger und konsumiere­n dadurch mehr als sonst.

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[ APA (4), Clemens Fabry (2), Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedes­k.com ]
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