Russland verweigert Beiträge
Europarat. Die Regierung in Moskau hat die Zahlungen ausgesetzt. Das stürzt die Organisation in Straßburg in eine finanzielle Krise.
Der Europarat steht vor einer akuten Finanzkrise. Bis zum heutigen Mittwoch müssen die 47 Mitgliedstaaten der Straßburger Menschenrechtsorganisation das erste Drittel ihres Jahresbeitrags überweisen – und es ist absehbar, dass die Zahlungen aus Moskau diesmal ausbleiben werden. Damit entfallen 33 Millionen Euro in diesem Jahr, das entspricht etwa einem Zehntel des Gesamtbudgets. Auch die Türkei, die bisher zu den „großen Beitragszahlern“gehört hat und mehr eingezahlt hat, als sie müsste, hat angekündigt, künftig nicht mehr als notwendig beitragen zu wollen. Das reduziert das Jahresbudget der Organisation um weitere 20 Millionen Euro. Generalsekretär Thorbjörn Jagland sprach von einer „sehr schwierigen Situation“.
Der Europarat überwacht die Einhaltung der Menschenrechte in den Mitgliedsländern. Zu den wichtigsten Organen zählt der Europäische Gerichtshof der Menschenrechte, der Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention ahndet. Russland war im vergangenen Jahr das am häufigsten verurteilte Mitgliedsland.
Hinter dem russischen Beitragsausfall steckt ein handfester politischer Konflikt. Wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats den russischen Abgeordneten im April 2014 das Stimmrecht entzogen. Seit- dem boykottiert die russische Delegation die Sitzungen der Versammlung. Im Juni vergangenen Jahres kündigte Moskau schließlich an, die Beitragszahlungen an Straßburg einzufrieren. Schon für 2017 sind aus Moskau noch 22 Millionen Euro offen, zwei Drittel des Jahresbetrags. Wie es heißt, wurden allein deshalb Bau- und IT-Maßnahmen im Europarat gestoppt und befristete Verträge von Mitarbeitern nur noch monatsweise verlängert. Im russischen Haushalt für 2018 ist gar kein Geld für den Europarat vorgesehen.
„Da wir nicht an der Entscheidungsfindung teilnehmen und wir diese Möglichkeit auch nicht haben, halten wir es für richtig, den Beitrag nicht zu zahlen“, sagte der Vorsitzende des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin.
„Erpressung“durch Moskau?
Russland drängt auf eine Änderung der Regeln: Künftig solle die Organisation keiner nationalen Delegation mehr das Stimmrecht entziehen können. Bevor das nicht anders sei, werde es keine russischen Zahlungen mehr geben, hieß es in Moskau. In Straßburg ist deshalb von Erpressung die Rede. Ein Ausschuss von Parlamentariern bemüht sich um eine Lösung des Streits. Aber noch ist nicht gesagt, dass Russland mit seiner Forderung nicht doch durchkommt.