Die Presse

Türkei schäumt: Prag enthaftet Kurdenpoli­tiker

Nach Freilassun­g von Salih Muslim in Tschechien droht Ankara mit Konsequenz­en.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE GÜSTEN

Der Graben zwischen der Türkei und ihren westlichen Partnern wegen des Syrien-Konflikts wird tiefer. Mit schweren Vorwürfen an Europa reagierte die türkische Regierung am Dienstag auf die Entscheidu­ng der Justiz in Tschechien, den von Ankara per Haftbefehl gesuchten syrischen Kurdenpoli­tiker Salih Muslim freizulass­en. Regierungs­sprecher Bekir Bozdag˘ unterstell­te dem Westen, immer nur dann gegen Terrorismu­s aktiv zu werden, wenn Christen zu Opfern von Gewalttate­n würden.

Auf Ersuchen der Türkei war Salih Muslim in Prag festgenomm­en worden. Ankara fordert die Auslieferu­ng des Exchefs der syrischen Kurdenpart­ei PYD. Es wirft ihm unter anderem die Verwicklun­g in einen Anschlag vor, bei dem vor zwei Jahren 36 Menschen starben.

Ankara betrachtet die PYD und deren bewaffnete­n Arm YPG als syrische Ableger der PKK, die einen Untergrund­krieg in der Türkei führt. PYD und YPG seien eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei, heißt es aus Ankara. Seit Ende Jänner geht die türkische Armee im nordwestsy­rischen Afrin gegen die YPG vor. Doch Kämpfer der YPG sind wichtige Partner der USA in Syrien. Und anders als die Türkei stuft die EU Salih Muslims PYD nicht als Terrororga­nisation ein.

Hinter den Spannungen stehen Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen der Türkei und westlichen Staaten über Syrien und die Definition von Terror. Auch US-Außenminis­ter Rex Tillerson konnte die Differenze­n bei einem Ankara-Besuch nicht ausräumen.

Dass das Gericht in Prag nun Ex-PYD-Chef Muslim auf freien Fuß setzte, wird in der Türkei als Verrat an einem Nato-Verbündete­n kritisiert. Die Entscheidu­ng werde Konsequenz­en für die Beziehunge­n haben, sagte Regierungs­sprecher Bozdag.˘

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