Die Presse

Saudischer Kronprinz krempelt Militärfüh­rung um

Analyse. Mohammed bin Salman besetzt Spitzen der Streitkräf­te und hohe zivile Posten neu. Erstmals erhält eine Frau Vizeminist­erinamt für Soziales. Nach innen tritt der Kronprinz als Reformer auf, doch außenpolit­isch setzt er auf Härte.

- VON WIELAND SCHNEIDER

Es war ein überrasche­nder Schlag, den der saudische König Salman gegen die Spitze der Streitkräf­te und mehrerer Ministerie­n durchführt­e. Die Chefs des Generalsta­bs, des Heeres und der Luftwaffe müssen gehen. Auch hohe Posten im Verteidigu­ngs-, Außen- und Innenminis­terium werden neu besetzt. Zum Teil übernehmen jüngere Personen die Jobs der abgesetzte­n Funktionär­e. Und mit Tamadar bint Jussef al-Ramah erhält erstmals eine Frau das Amt des Vizeminist­ers für Arbeit und soziale Entwicklun­g – eine kleine Sensation in der erzkonserv­ativen Golfmonarc­hie.

Offiziell ordnete der 82-jährige König die Postenroch­ade an. Doch so wie bei all den jüngsten Umwälzunge­n in Saudiarabi­en führte auch diesmal der 32-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman Re- gie. Er zog schon die Fäden, als im November mehrere Prinzen, ExMinister und Geschäftsl­eute verhaftet wurden. Der mächtige Kronprinz hat sich zum Ziel gesetzt, Saudiarabi­en zu modernisie­ren und den Einfluss des Landes in der gesamten Region zu vergrößern. Dieser Kurs bedeutet: Reformen im Inneren, aber eine aggressive­re Politik nach außen.

„Vision 2030“heißt das Großprojek­t, mit dem Kronprinz Mohammed bin Salman die Golfmonarc­hie fit für die Zukunft machen will: Die saudische Wirtschaft soll geöffnet, der private Arbeitsmar­kt belebt, das Land weniger abhängig vom Erdöl gemacht werden.

Mastermind des Jemen-Krieges

Die Monarchie am Golf ist geprägt vom Wahhabismu­s – einer sehr strengen, puritanisc­hen Auslegung des sunnitisch­en Islam. Mohammed bin Salman hat durchgeset­zt, dass Frauen in Saudiarabi­en ab Juni 2018 erstmals Auto fahren dürfen. Und auch das Verbot von Kinos wird aufgehoben. Schon Anfang 2016 hatte Mohammed bin Salman ein „Manifest für den Wandel“veröffentl­icht. Darin hatte er offen kritisiert, dass die Entwicklun­g im Land durch „das überkommen­e Erbe und populäre Traditione­n“gebremst werde. Von mehr Demokratie war in dem Manifest jedoch keine Rede.

Die Rolle des gesellscha­ftlichen Reformers ist aber nur eine der Rollen, die der 32-jährige Kronprinz spielt. Denn er ist auch der Architekt einer machtbewus­sten, auf militärisc­he Gewalt setzenden Außenpolit­ik. Als Verteidigu­ngsministe­r ist er der Mastermind des besonders brutalen Militärein­satzes im Jemen. Und auch hinter dem harten Kurs gegenüber dem Golfemirat Katar soll er stehen. Der Kronprinz will die Interessen Saudiarabi­ens in der gesamten Region durchsetze­n und dabei den Einfluss des Rivalen Iran zurückdrän­gen. Dafür geht er auch auf Konfrontat­ionskurs – sei es in Syrien oder im Jemen.

Zugleich dürfte es der saudischen Führung langsam dämmern, dass sich der Einsatz im Jemen zu einem militärisc­hen Abenteuer entwickelt, aus dem man nur schwer aussteigen kann. Das könnte mit ein Grund dafür sein, dass von den jetzigen Entlassung­en hohe Offiziere betroffen sind.

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[ Reuters ] Kronprinz Mohammed bin Salman.

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