Die Presse

Berlin und Paris warnen Warschau

Strafverfa­hren. Deutschlan­d und Frankreich stellen sich hinter das EU-Verfahren und drängen die polnische Regierung, den Umbau der Gerichtsba­rkeit rückgängig zu machen.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

In scharfem Ton appelliere­n die Regierunge­n Deutschlan­ds und Frankreich­s an die Führung Polens, den geplanten Umbau des Justizwese­ns in jenen Punkten rückgängig zu machen, welche einen Angriff auf die Grundwerte der EU darstellen.

„Wir teilen die Sorgen um die Justizrefo­rmen in Polen. Wir würden uns hierzu nicht äußern, wenn es allein ein internes Thema in Polen wäre“, heißt es in einer am Dienstag anlässlich der Ratstagung der Europamini­ster in Brüssel veröffentl­ichten gemeinsame­n Erklärung. „Aber die Situation ist im Lichte unserer Werte, auf die die EU aufgebaut ist und denen Polen zugestimmt hat, problemati­sch. Diese Anerkennun­g unserer Werte können auch durch nationale parlamenta­rische Mehrheiten nicht ausgehebel­t werden.“EuropaStaa­tsminister Michael Roth und Europamini­sterin Nathalie Loiseau äußerten in diesem Memorandum ihr Bedauern darüber, dass der bereits seit zwei Jahren dauernde Dialog der Kommission mit der nationalko­nservative­n polnischen Regierung „leider die aufgeworfe­nen Fragen noch nicht gelöst habe.“Es sei daher richtig, dass die Brüsseler Behörde im vorigen Dezember erstmals in der Geschichte der Union ein Verfahren eingeleite­t habe, das bis hin zu Polens Verlust der Stimmrecht­e im Rat führen könnte. „Frankreich und Deutschlan­d unterstütz­en die Kommission und das Verfahren“, hielten Roth und Loiseau fest.

Bis Ende März wird sich entscheide­n, ob dieses Verfahren nach dem mittlerwei­le recht geläufigen Artikel 7 des EU-Vertrages in die erste ernste Phase tritt. Eine VierFünfte­l-Mehrheit im Rat ist dafür notwendig, es müssten folglich 22 Mitgliedst­aaten dem Befund zustimmen, dass Polens Regierung die Grundwerte der Union zu verletzen droht. An dieser Stelle wäre allerdings Endstation, denn bekanntlic­h hat Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orban´ bereits gelobt, die erforderli­che Einstimmig­keit für den Beschluss tatsächlic­her Sanktionen mit seinem Veto zu verhindern.

Was also ist der Zweck dieses Verfahrens, wenn es doch ohne die politisch realistisc­he Aussicht auf eine Bestrafung bleibt? Frans Timmermans, der mit diesem Dossier betraute Vizepräsid­ent der Kommission, legte den Ministern am

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[ Enzo Zucchi]

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