Suche nach gemeinsamer ökonomischer Sprache
Neuerscheinung. Hat die Tatsache, dass Berlin und Paris ordnungspolitisch anders ticken, die Eurokrise mitverursacht?
„Verschiedene ökonomische Modelle haben zu einem NichtDialog in Europa geführt, vor allem zwischen Frankreich und Deutschland“– zu diesem harschen Urteil kommen Markus Brunnermeier, Harold James und Jean-Pierre Landau, die Autoren des kürzlich erschienenen Buches „Euro. Der Kampf der Wirtschaftskulturen“. Das deutsch-britisch-französische Trio ist der Frage nachgegangen, inwieweit historische Erfahrungen die Reaktionen der zwei größten Eurozonenmitglieder auf die europäische Schuldenkrise geprägt haben. Die Antwort der Autoren fällt (für Nichteingeweihte) überraschend aus: Die Vergangenheit spielte zwar eine Rolle, doch die ordnungspolitischen Präferenzen sind nicht in Stein gemeißelt, sondern flexibel.
Gemeinhin gilt das Klischee, wonach Berlin ohne Rücksicht auf Verluste auf die Einhaltung von fiskalischen Regeln drängt, während Paris politischen Handlungsspielraum bevorzugt und im Zweifelsfall auf Sparvorgaben pfeift. Dieser Gegensatz ist relativ neu, denn vor 1939 verhielt es sich genau umgekehrt: Damals galt nämlich Frankreich als Bastion des regelbasierten klassischen Wirtschaftsliberalismus, „während die Deutschen der Ansicht waren, hohe Staatsausgaben seien der Schlüssel zum Wohlstand und Erfolg“. Der Zweite Weltkrieg war für beide Länder eine Zäsur. „Daraus lernten die Deutschen, dass sie Regeln brauchen, um staatliche Willkür zu beschränken, während die Franzosen zum Schluss kamen, ihr politisches System (...) habe auf die Bedrohung durch die Nazis fiskalisch, militärisch und intellektuell
M. Brunnermeier/H. James/J-P. Landau nicht hinreichend giert.“
Den europäischen Integrationsprozess samt Etablierung der gemeinsamen Währung beschreiben die Autoren als „Suche nach einer gemeinsamen politischen Sprache“. Die Eurokrise habe allerdings gezeigt, dass diese Suche alles andere als abgeschlossen ist. Der bisherige Modus operandi der EU – „so zu tun, als gebe es keine Differenzen“– sei ausgereizt. Als Antidot schlagen Brunnermeier, James und Landau eine „Union der ökonomischen Ideen“vor, in deren Rahmen die Mitgliedsstaaten mehr Verständnis für europäische Partner erlernen sollen. (la) flexibel rea-