Kommt ein Erdgeist auf dem Weltgebetstag zu Ehren?
Kurz vor dem christlichen Weltgebetstag der Frauen gibt es Ärger: Das vom Komitee in Deutschland gewählte offizielle Bild sei zu heidnisch.
Auch die Trommel erregt Anstoß: Sie sei mit heidnischen Ritualen verbunden.
Wie schwierig es sein kann, in Sachen religiöser und kultureller Ökumene alles richtig zu machen, erlebt dieser Tage das Weltgebetstags-Komitee in Deutschland. Es hatte bei einer surinamesischen Künstlerin das offizielle Bild für den Gebetstag am 2. März in Auftrag gegeben. Dieses zeigt eine Frau mit Trommel und heißt „Gran tangi gi Mama Aisa“, „In Dankbarkeit gegenüber Mutter Erde“. Nun seien aber, berichtet das christliche Nachrichtenmagazin „Idea“, die für die diesjährige Gottesdienstordnung Zuständigen im südamerikanischen Surinam erbost, die ein anderes Bild vorgeschlagen hätten. Stein des Anstoßes: „Mama Aisa“könne nicht nur „Mutter Erde“bedeuten, sondern auch einen Erdgeist des in Surinam existierenden Winti-Kultes. Außerdem sei die Trommel mit heidnischen Ritualen verbunden und werde gerade deshalb von Christen in Surinam nicht verwendet.
Es könnte ins beliebte Deutungsschema „arroganter Westen“passen: Deutsches Komitee übergeht Surina- merinnen und beweist kulturelle Ignoranz . . . Die Wirklichkeit ist wie meist komplizierter. Surinam wurde seit dem 18. Jh. christianisiert, vor allem durch die Herrnhuter, eine aus der böhmischen Reformation kommende Glaubensbewegung. (Deren Gründer verdankt sich übrigens das bei uns beliebte Tischgebet „Komm, Herr Jesus, sei Du unser Gast“.) Die Herrnhuter sind heute die zweitgrößte Kirchengemeinschaft in Surinam.
Doch dort gibt es noch viele weitere Religionen, unter anderem besagten Winti-Kult. In ihm flossen Traditionen westafrikanischer Sklaven zusammen. Diese hatten auch nach der Abschaffung der Sklaverei 1863 kaum Rechte. Unter anderem mussten sie zum Christentum konvertieren. Bis 1971 waren in Surinam die Winti-Praktiken verboten.
Nun protestieren also Mitglieder der christlichen Herrnhuter in Surinam, weil sie in einem Bild Anklänge an den ohnehin so lange unterdrückten Kult erkennen. Da paart sich Ökumene mit rigider Ausgrenzung – allerdings nicht made in Deutschland. Zumindest nicht im heutigen.