Sie spielte stets, als ginge es um Leben oder Tod
Die Schauspielerin Elfriede Irrall ist kurz nach ihrem 80. Geburtstag in einem Wiener Spital gestorben.
Sie war noch ein Teenager und hatte 1955 gerade erst die Schauspielschule Krauss absolviert, als Elfriede Irrall an ein fernes Theater in Deutschland engagiert wurde. Sogar in Bonn hatte man notiert, dass es in Wiens Kellertheatern eine hochbegabte Siebzehnjährige gab. Im Ensemble des Stadttheaters der neuen Hauptstadt der BRD behauptete sie sich rasch, neben anderen Österreichern: Curt Eilers, Walter Schmidinger, Bibiana Zeller und Eva Zilcher, die dort gastierte. Große Theater und deren Regisseure warben um Irrall, sie spielte in der Josefstadt und am Volkstheater, entwickelte bald auch eine Liebe zu Berlin, wo sie mit den Jahren das Renaissance-Theater, die Freie Volksbühne und Peter Steins Schaubühne verstärkte. Zudem konnte sie schließlich an den Hamburger Kammerspielen reüssieren.
Einen ihrer schönsten Erfolge hatte Elfriede Irrall früh: Als Gustav Manker 1960 am Volkstheater Wedekinds „Lulu“inszenierte, spielte sie die Titelrolle. Eine perfekte Besetzung. Es umgab sie, hieß es, ein erotisches Geheimnis. Zart wirkte sie auf der Bühne, aber voller Energie, so mädchen- wie damenhaft, freundlich, aber auch, wenn es sein musste, unheimlich, wie TV-Krimis mit ihr zeigen. Die Liste der Filme, beginnend vor 63 Jahren mit Brechts „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, ist beträchtlich – „Hasenjagd“(1994) zählt zu den stärksten Eindrücken. Irrall glänzte in einer Hauptrolle. Und aus Hörspielen kennt man ihre so sanfte wie klare Stimme ebenfalls.
Man solle jeden Tag spielen, „als ginge es um Leben und Tod“, verriet Irrall der „Presse“2011 in einem Interview vor der Premiere von „Harold and Maude“im Volkstheater. Als sie dieses Gefühl mit Mitte 30 nicht mehr fand, stieg sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere aus ihrem Engagement an der Schaubühne aus, nahm sich eine Auszeit. Diese führte sie bis Chile. Über das Unterrichten (an den Hochschulen in Berlin, Wien und Graz) fand sie wieder zu ihrer Bestimmung zurück. In Berlin belegte Olaf Scheuring ihren Kurs. Er wurde bis zu seinem Tod 2009 ihr Lebensmensch. Zuvor war sie mit ihrem Kollegen Walter Kohut verheiratet gewesen. Mit Scheuring gründete Irrall das Theaterspielwerk. Die beiden tourten für viele Jahre wie Vaganten durch den deutschsprachigen Raum.
Zuletzt spielte sie wieder hierzulande – im Volkstheater und im Stadttheater Walfischgasse. Am 18. Februar hatte Elfriede Irrall, die in Lutzmannsburg und in Wien lebte, noch ihren 80. Geburtstag gefeiert. Am Montag ist sie in einem Krankenhaus in Wien gestorben. (norb)