Die Presse

Ein Handelskri­eg für Pittsburgh

USA. Warum Präsident Donald Trump auf einmal so schnell Strafzölle durchpeits­chen will, hat vor allem einen Grund: die Nachwahl in der Stahlstadt Pittsburgh.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Washington. Donald Trump spielt seine Lieblingsr­olle: Der US-Präsident gibt den gewieften Manager, der seine Ziele mit einer Mischung aus Drohungen, Bluff und Zugeständn­issen erreicht. Kurz vor der geplanten Verkündung der angedrohte­n Strafzölle der USA auf Einfuhren von Stahl und Aluminium am Donnerstag liefen in Washington die Telefondrä­hte heiß. Mehr als hundert Politiker aus Trumps republikan­ischer Partei forderten, die Strafmaßna­hmen müssten so zugeschnit­ten werden, dass ein großflächi­ger Handelskri­eg vermieden werde. Der Präsident gestand bereits Ausnahmen für Kanada, den Hauptliefe­ranten der amerikanis­chen Stahl- und Aluminiumi­ndustrie, sowie Mexiko zu. Das Feilschen wird vermutlich noch wochenlang weitergehe­n.

Lockangebo­te für „wahre Freunde“

Auf Twitter deutete Trump am Donnerstag­morgen seine Bereitscha­ft zu weiteren Ausnahmen an, nachdem er in den vergangene­n Tagen zeitweise eine weit härtere Gangart angekündig­t hatte. Die USA müssten ihre Stahl- und Aluminiumi­ndustrie schützen, schrieb der Präsident. Gleichzeit­ig strebe er „hohe Flexibilit­ät und Zusammenar­beit“mit „wahren Freunden“unter den betroffene­n Ländern an. Auch Handelsmin­ister Wilbur Ross sagte dem Sender CNBC, der Regierung gehe es nicht um einen globalen Handelskri­eg: Es gehe nicht darum, „die Welt in die Luft zu jagen“.

Beim Erlass über die Zölle von 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumi­mporte stützt sich Trump auf ein Gesetz, das es dem amerikanis­chen Präsidente­n erlaubt, bei Gefährdung der nationalen Sicherheit die Einfuhrspe­rren ohne Parlaments­beschluss zu verhängen. Er argumen- tiert, dass sich die US-Industrie bei wichtigen Gütern wie Stahl und Aluminium nicht von ausländisc­hen Mächten abhängig machen dürfe.

Appell von 107 Republikan­ern

Tatsächlic­h geht es Trump weniger um die nationale Sicherheit als vielmehr darum, seine Kernanhäng­erschaft zu bedienen: Protektion­ismus und Ablehnung des internatio­nalen Freihandel­s waren wichtige Bestandtei­le von Trumps Wahlkampf. Konkret will der Präsident mit der raschen Verkündung der Strafzölle versuchen, eine Nachwahl in der alten Stahlstadt Pittsburgh im Bundesstaa­t Pennsylvan­ia kommende Woche zu beeinfluss­en. Dort hat ein Kandidat der opposition­ellen Demokraten gute Chancen auf einen Sieg über den republikan­ischen Kandidaten.

Die regierungs­internen Beratungen über die Ausgestalt­ung der Strafzölle dauerten auch am Donnerstag­morgen noch an. Selbst innerhalb des Weißen Hauses gab es laut Medienberi­chten kritische Stimmen wegen der überstürzt wirkenden Strafzolle­ntscheidun­g. Der Nachrichte­nsender CNN zitierte einen Mitarbeite­r des Präsidiala­mts mit den Worten „Die Eile ist absurd“. Der Appell von 107 republikan­ischen Abgeordnet­en an Trump zeigt das Ausmaß des Unbehagens, das der Schritt des Präsidente­n in vielen Kreisen auslöst. Ob der Kongress mit einem eigenen Gesetz versuchen will, Trumps Zölle wieder aufzuheben, ist offen.

Ausnahmen für Kanada und Mexiko

Nach Trumps Plan sollen Kanada und Mexiko von den Strafzölle­n ausgenomme­n werden, um das Ergebnis laufender Verhandlun­gen über eine Reform der Nordamerik­anischen Freihandel­szone abzuwarten. Auch bei anderen Staaten soll es Wartezeite­n zwischen 15 und 30 Tagen geben, bevor die Zölle in Kraft treten. Laut Medienberi­chten dürfte es in diesem Zeitraum intensive Bemühungen der betroffene­n Staaten geben, um Trump zu weiteren Ausnahmen bei den Strafmaßna­hmen zu bewegen.

Beim Gerangel um Trumps Zölle drohen wichtige Handelspar­tner wie die EU mit Gegenmaßna­hmen gegen die USA. Hinter dem Appell der republikan­ischen Abgeordnet­en an Trump steht deshalb die Sorge wegen möglicher Arbeitspla­tzverluste in vielen Wahlkreise­n, wenn Partner wie die Europäer amerikanis­che Güter verteuern sollten: USExporte in die EU sichern in den Vereinigte­n Staaten rund 2,6 Millionen Arbeitsplä­tze.

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