Spital Nord: Ein weiteres Millionenloch
Milliardenprojekt. Fiasko beim Spital Nord geht weiter. Hunderte Millionen Euro weitere Kosten stehen im Raum. KAV-Manager spricht von Regressforderungen gegen Architekten des Spitals.
Der KAV will nun Regressforderungen gegen den Architekten des Spitals prüfen.
Für den Architekten des Milliardenprojektes Spital Nord, Albert Wimmer, wird es unangenehm. Man sei rechtlich zu Regressforderungen verpflichtet, erklärt Herwig Wetzlinger, Manager des KAV (Krankenanstaltenverbund), der „Presse“: Der Großteil der Planungsleistungen sei nicht vertragskonform gewesen, die Probleme seien also nicht bei ausführenden Firmen gelegen: „Es betrifft klassische Planungsleistungen. Auch Wimmer und andere.“
Dieser weist postwendend alle Vorwürfe zurück. Er spricht von einer „höchst professionellen Planung“in seinem Bereich, er habe jahrzehntelange Erfahrung bei Großprojekten: „Ich arbeite gewissenhaft. Man kann sich von der Qualität vor Ort überzeugen.“
Betriebskosten explodieren
Wichtiger als mögliche Millionenforderungen gegen Planer und Architekten dürfte für die Wiener ein anderes Faktum sein: Das völlig aus dem Ruder gelaufene Projekt wird teurer. Nochmals. Und das empfindlich. Konkret stehen 200 Millionen Euro Mehrkosten für den Bau im Raum. Dazu kommt noch eine Explosion bei den laufenden Betriebskosten in den nächsten zwei bis drei Jahren.
Hintergrund ist ein Versagen des KAV, über das „Die Presse“mehrfach, erstmals bereits am 12. August 2016, berichtete. Inhalt: Der KAV scheitert daran, den technischen Betrieb selbst zu übernehmen – nachdem vergessen wurde, rechtzeitig die entsprechenden Hightech-Spezialisten auszubilden. Diese Leistungen müssen teuer zugekauft werden, wie der KAV erst Anfang Februar offiziell bestätigte.
Nun hat der KAV ein ernstes Problem. Die Betriebskosten eines Spitals betragen pro Jahr etwa 20 Prozent der Errichtungskosten. Ein Viertel bis ein Drittel der Betriebskosten entfallen auf die Technik. Das wären beim Spital Nord (konservativ gerechnet) zwischen 150 und 200 Millionen Euro für eine rund zwei- bis dreijährige Auslagerung. Das müsste Wien auch noch aus dem laufenden Budget bezahlen – trotz leerer Stadtkassen.
Von 200 Millionen Euro Mehrkosten könne man nicht sprechen, erklärt Wetzlinger, der Ende des Vorjahres als KAV-Krisenmanager für das Spital Nord geholt wurde. Es gehe nicht um den gesamten technischen Betrieb, sondern um Ressourcen und Unterstützung z. B. bei der Medizin- und Haustechnik, es würden „die ersten zwei, drei Jahre“ausgeschrieben. Schätzungen von 200 Millionen Euro für zwei bis drei Jahre sind laut Wetzlinger zu hoch. Mit wie viel der KAV rechnet, will der Manager aber nichts sagen.
200 Millionen abschreiben
Das finanzielle Desaster geht noch weiter. 200 Millionen werde sich die Stadt als Regressforderung von den Baufirmen zurückholen – kündigten Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger und Wetzlingers Vorgänger, Thomas Balazs,´ an. Und hatten diese 200 Millionen bei den Baukosten bereits abgezogen.
Der Schönheitsfehler: Frauenberger wird den Großteil abschreiben müssen. Nicht nur, dass die Stadt im Gegenzug mit Regressforderungen von Baufirmen konfrontiert ist. Und ein Rechnungshofbericht zum KH Nord der Stadt ein vernichtendes Zeugnis ausstellt, was die rechtliche Position der Baufirmen naturgemäß stärkt. Die Stadt ist auch noch erpressbar, wie in KAV-Kreisen formuliert wird: Bei dem Betrieb der hoch komplexen Technik im Spital Nord sei man ausgerechnet von jenen Errichterfirmen abhängig, die man mit millionenschweren Regressforderungen konfrontiere. Nachsatz: „Dort ist die Motivation, auszuhelfen, enden wollend – so lange es Regressforderungen gibt.“
„200 Millionen Euro werden Sie von mir nicht hören“, so Wetzlinger über Regressforderungen zur „Presse“. Aber er lässt aufhorchen: Es gebe Clearing-Verfahren über Mehrforderungen: „Wir erkennen alle (Forderungen der Baufirmen, Anm.) an, wenn sie gerechtfertigt sind.“Und das Thema Erpressbarkeit? Es seien 15 andere Firmen identifiziert worden, die das übernehmen könnten. Wobei Wetzlinger zugibt: Ob beziehungsweise wie viele sich an der Ausschreibung bewerben, könne er nicht sagen.
In KAV-Kreisen heißt es: Es werde versucht, so viel wie möglich an andere Firmen auszulagern, man werde aber nicht ganz an den Errichterfirmen vorbeikommen, die das komplexe System errichtet hätten. Und mit denen bestünden Meinungsverschiedenheiten über die Bezahlung.