Slowenien klagt Kroatien bei der EU an
Ljubljana legt im Grenzstreit bei der EU-Kommission Vertragsbeschwerde ein.
Der Disput zwischen Slowenien und Kroatien wird zur europäischen Streitsache. Informationen der „Presse“zufolge setzte Sloweniens Regierung am Donnerstag den außenpolitischen Ausschuss des Parlaments in Ljubljana über ihre Absicht in Kenntnis, dieser Tage ein Schreiben mit entsprechender Vertragsverletzungsbeschwerde an die Europäische Kommission zu schicken. Das ist Voraussetzung dafür, dass Slowenien in weiterer Folge Kroatien vor dem Gerichtshof der EU (EuGH) klagen kann, weil die Regierung in Zagreb einen Schiedsspruch missachtet, demzufolge Slowenien Anspruch auf einen Großteil der Adriabucht von Piran hat.
„Ich glaube nicht, dass sich ein Verfahren vor dem EuGH abwenden lässt“, sagte Thomas Bickl, der diesen langjährigen, aus dem Zerfall Jugoslawiens rührenden Streit im Rahmen einer Dissertation an der Universität Duisburg-Essen erforscht hat, zur „Presse“. Beide Seiten seien in ihren Positionen verhärtet, in Slowenien stehen zudem im Juni Parlamentswahlen an, was es der Regierung unter Ministerpräsident Miro Cerar verunmöglicht, sich Kompromissen zu öffnen.
Wirtschaftlich hat dieser Grenzstreit wenig Grundlage. Die Bucht verfügt über keine nennenswerten Fischbestände, nur rund ein Dutzend kroatischer Fischer sind dort tätig, während der Zugang Sloweniens zu internationalen Gewässern über Vorschriften der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation gewährleistet ist.
Diese Klage ist erst die fünfte eines Unionsmitgliedes gegen ein anderes. Bickl schätzt angesichts der üblichen Verfahrensläufe vor dem EuGH, dass mit einem Urteil frühestens im Sommer oder der zweiten Jahreshälfte 2019 zu rechnen ist.
Politisch jedenfalls ist der Streit höchst schädlich: Slowenien blockiert so lange Kroatiens Schengen-Beitritt, bis Zagreb sich dem Schiedsspruch vom Juli 2017 fügt. (GO)