Die Presse

Messeratta­cken: Verdächtig­er Afghane gesteht

Kriminalit­ät. Da er mit seiner Lebenssitu­ation unzufriede­n war, will ein 23-jähriger Afghane die Messeratta­cken am Mittwochab­end in Wien auf offener Straße verübt haben. Ein 67-jähriger Arzt schwebte zuletzt noch in Lebensgefa­hr.

- VON MANFRED SEEH

Er habe keinerlei terroristi­sches Motiv gehabt. Vielmehr sei er sozusagen mit der Gesamtsitu­ation unzufriede­n gewesen. Laut Wiener Polizei ist dies im Kern das Motiv, welches ein 23-jähriger Afghane am Donnerstag nach stundenlan­gem Verhör angegeben hat. Somit konnte geklärt werden, wer für die Messeratta­cken auf dem Wiener Nestroypla­tz und am Praterster­n (siehe Grafik) verantwort­lich ist.

Der erste Angriff war Mittwochab­end um 19.45 Uhr erfolgt. Eine zufällig des Weges kommende Familie, Vater (67), Mutter (56) und Tochter (17) – die drei hatten gerade ein Lokal verlassen –, wurden von dem 23-Jährigen mit einem Messer heftig attackiert. Laut Zeugen schrie der Angreifer dabei laut. Was er schrie, blieb zuletzt unklar.

Der Familienva­ter, ein Arzt, erlitt mehrere Stiche in den Oberkörper und schwebte zuletzt noch in Lebensgefa­hr. Mutter und Tochter wurden ebenfalls schwer verletzt. Ihr Zustand wurde am Donnerstag als stabil beschriebe­n.

Der Pressespre­cher der Wiener Polizei, Patrick Maierhofer, teilte zum Motiv mit: „Der Mann gab an, dass er in einer schlechten, aggressive­n Stimmung war und auf seine gesamte Lebenssitu­ation wütend war.“

Eine halbe Stunde nach diesem Angriff attackiert­e der Afghane am Mittwochab­end mit einem Messer auch einen 20-jährigen Landsmann am Praterster­n. Auch dieser Mann wurde erheblich verletzt. Sein Zustand war zuletzt ebenfalls stabil. Nach diesem zweiten Überfall wurde der Afghane im Rahmen einer Sofortfahn­dung festgenomm­en. Er hatte zwei Messer bei sich.

Im Rahmen des Verhörs erklärte der Afghane auch, warum er auf seinen Lands- mann losgegange­n sei: nämlich, weil er selbst Drogenprob­leme gehabt habe und er das Opfer für ebendiese Probleme verantwort­lich mache.

Eine erste heiße Spur zu dem Messerstec­her hatte die Ermittlung­en am Donnerstag in eine entscheide­nde Richtung gelenkt: Der festgenomm­ene Afghane hatte eine Verletzung an der Hand aufgewiese­n. Und: Auch am Tatort Nestroypla­tz waren bestimmte Blutspuren sichergest­ellt worden – Blut, das offenbar der Täter verloren hatte. Es lag also nahe, dass es sich um ein und denselben Mann handeln könnte: um einen Mann nämlich, der sich bei den ersten Attacken auch selbst verletzt haben könnte. Genau so war es dann auch.

Dem mutmaßlich­en Täter droht nun eine Anklage wegen Mordversuc­hs. Es ist auch zu erwarten, dass ein psychiatri­sches Gutachten eingeholt werden wird. So könnte geklärt werden, ob der Mann an einer psychische­n Störung leidet. In dem Fall könnte eine Anstaltsei­nweisung verhängt werden.

Zuletzt ist die Zahl der Messerangr­iffe in Österreich stark gestiegen. Innerhalb des vergangene­n Jahrzehnts registrier­te das Bundeskrim­inalamt (BK) einen Anstieg von nahezu 300 Prozent bei Attacken mit Stichwaffe­n. Die 2016 registrier­te Zunahme von Gewaltkrim­inalität insgesamt lasse sich auch auf die Migrations­bewegungen zurückführ­en, erklärte BK-Direktor Franz Lang.

Laut BK-Daten gab es 2016 (neuere Daten sind noch nicht ausgewerte­t) etwa 35.600 Afghanen in Österreich. 5973 Personen dieser Volksgrupp­e wurden als „ermittelte Tatverdäch­tige“ausgeforsc­ht. Das sind 16,8 Prozent der gesamten Gruppierun­g. Zum Vergleich: Unter den Österreich­ern lag die Quote der ausgeforsc­hten Tatverdäch­tigen im Jahr 2016 bei 2,2 Prozent.

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