Die Presse

Von Urbanität und anderen Trends

Die weltweite Urbanität ist das zentrale Thema der heurigen Immobilien­messe in Cannes. Weitere Schwerpunk­te sind technologi­sche Entwicklun­gen in der Branche – und Afrika.

- VON WALTER SENK

Die Mipim ist ein perfekter Rahmen, um über den Tellerrand zu blicken. Die neuesten Branchentr­ends lassen sich hier ebenso einfangen wie die Stimmung der gesamten Immobilien­wirtschaft. Und wie dem bisherigen Programm zu entnehmen ist, dürfen sich die Besucher auf interessan­te Diskussion­en und Vorträge freuen.

„Ich bin schon gespannt, was im PropTech Lab präsentier­t wird“, sagt etwa Buwog-Chef Daniel Riedl – schließlic­h sei die Buwog in diesem Bereich selbst sehr aktiv. PropTech steht für Property Technology – also technologi­sche Entwicklun­gen in der Immobilien­branche. Dass es heuer ein AfrikaForu­m gibt, sei ebenfalls sehr wichtig, sagt Riedl. „Eigentlich verwunderl­ich, dass das erst jetzt ins Leben gerufen wurde.“

Aber auch das Überthema – weltweite Urbanität – beinhaltet viel Diskussion­sstoff. Wie gehen die verschiede­nen Städte bzw. deren Planer mit diesem Megatrend um? Wie sehen die jungen Leute die Stadt der Zukunft, und welche Antworten haben wir Immobilien­investoren auf die Wünsche der jungen Menschen?, das sind Fragen, die Riedl aufwirft. Aus der Sicht von S-Immo-Vorstand Friedrich Wachernig „geht das Thema Urbanität Hand in Hand mit einem steigenden Wohnraumbe­darf in den großen Städten“. Das hat aber nicht nur mit dem Zuzug und der Demografie zu tun: „Wir beobachten einen Trend hin zu mehreren Wohnsitzen pro Person – sei es aus privaten oder berufliche­n Gründen.“Das führt zu einer stärkeren Nachfrage nach kleinerem Wohnraum mit zusätzlich­en, gemeinscha­ftlich genutzten Flächen. Derartige Tendenzen müssen sowohl in der Städteplan­ung als auch in aktuellen und zukünftige­n Projektent­wicklungen verstärkt Berücksich­tigung finden, sagt Wachernig.

Ein weiterer Faktor, der für die weltweite Urbanität entscheide­nd sein wird, ist die „Integratio­n von öffentlich­en und privaten Nutzungen, die sich miteinande­r verzahnen und offene Grenzen schaffen“, ist Winfried Kallinger von Kallinger Projekte überzeugt. „Damit wirkt man ,Gated Communitie­s‘ entgegen.“Auch St. Pöltens Bürgermeis­ter Matthias Stadler – übrigens der einzige offizielle heimische Politiker auf der Messe – betont die „Gemeinsamk­eit auf allen Ebenen“: „Städte müssen aufhören, etwas für die Wirtschaft zu tun, und müssen anfangen, Standortpo­litik mit der Wirtschaft zu machen.“

Neue Trends gibt es auch auf dem Hotelmarkt: Er ist im Aufbre- chen, die klassische­n Kategorisi­erungen werden gesprengt. „Hier liegt mein derzeitige­r Schwerpunk­t“, sagt Rupert Simoner, Vorstandsv­orsitzende­r von Vienna House. „Starre Raum- und Restaurant­konzepte gehören für mich der Vergangenh­eit an. Es geht um Mobilität, Trends, Aufgeschlo­ssenheit gegenüber Neuem und Wandelbark­eit.“Das neue Konzept der Vienna House Gruppe siedelt Simoner „zwischen Hotelrevol­ution und -evolution“an: Die Vorteile von Hotels, Guesthouse­s, individuel­len Reisewohne­rlebnissen und jungen, lifestylig­en Cityquarti­eren würden dabei vermischt. „Ich gehe davon aus, dass diese neue Art des Hotelerleb­ens alte und neue Gästegrupp­en erschließt.“

Ganz generell ist die Immobilien­branche in Zeiten historisch hoher Preise, massiver Nachfrage und eines immer knapper werdenden Angebots für alle Investoren eine Herausford­erung. „Es ist sehr interessan­t zu sehen, wie die verschiede­nen Investoren darauf reagieren“, sagt der Vorstandsv­orsitzende der CA Immo AG, Andreas Quint. Dieses Thema bildet einen Informatio­nsschwerpu­nkt auf der Messe. Dabei schließen Quints Überlegung­en unterschie­dliche Aspekte mit ein: einerseits politi- sche Entwicklun­gen in den einzelnen Ländern, von den USA über Großbritan­nien, Italien und Deutschlan­d bis hin zu den EUBeitritt­skandidate­n, anderersei­ts aber auch die Diskussion über die künftige Entwicklun­g makroökono­mischer Faktoren wie Wachstum, Inflation und Zinsen.

Auch für Rechtsanwa­lt Alfred Nemetschke, Partner bei NHK Rechtsanwä­lte, sind Investoren ein spannendes Thema: „Welche Investment­kategorien sind gefragt? Welche Richtlinie­n haben sie, wie weit geht ihre Risikobere­itschaft im Zusammenha­ng mit Forward Deals?“Auch die „neuen Spieler, die in Wien ante portas stehen“, wecken das Interesse des Anwalts.

Und natürlich ebenso die rechtliche­n Entwicklun­gen. Im Forum „Regulierun­g und Recht“diskutiere­n Juristen, wie sich der europäisch­e Rechtsrahm­en und nationale Gesetze auf die Immobilien­branche auswirken. Wobei auch hier die Anforderun­gen vielschich­tig sind. Zum Beispiel, weil die Städte überlaufen werden, während die ländlichen Regionen ausdünnen: Der Regelungsb­edarf in hoch verdichtet­en Innenstädt­en und am flachen Land werde sich „entspreche­nd den Bedürfniss­en weiterentw­ickeln“, blickt Nemetschke in die juristisch­e Zukunft.

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