Von Urbanität und anderen Trends
Die weltweite Urbanität ist das zentrale Thema der heurigen Immobilienmesse in Cannes. Weitere Schwerpunkte sind technologische Entwicklungen in der Branche – und Afrika.
Die Mipim ist ein perfekter Rahmen, um über den Tellerrand zu blicken. Die neuesten Branchentrends lassen sich hier ebenso einfangen wie die Stimmung der gesamten Immobilienwirtschaft. Und wie dem bisherigen Programm zu entnehmen ist, dürfen sich die Besucher auf interessante Diskussionen und Vorträge freuen.
„Ich bin schon gespannt, was im PropTech Lab präsentiert wird“, sagt etwa Buwog-Chef Daniel Riedl – schließlich sei die Buwog in diesem Bereich selbst sehr aktiv. PropTech steht für Property Technology – also technologische Entwicklungen in der Immobilienbranche. Dass es heuer ein AfrikaForum gibt, sei ebenfalls sehr wichtig, sagt Riedl. „Eigentlich verwunderlich, dass das erst jetzt ins Leben gerufen wurde.“
Aber auch das Überthema – weltweite Urbanität – beinhaltet viel Diskussionsstoff. Wie gehen die verschiedenen Städte bzw. deren Planer mit diesem Megatrend um? Wie sehen die jungen Leute die Stadt der Zukunft, und welche Antworten haben wir Immobilieninvestoren auf die Wünsche der jungen Menschen?, das sind Fragen, die Riedl aufwirft. Aus der Sicht von S-Immo-Vorstand Friedrich Wachernig „geht das Thema Urbanität Hand in Hand mit einem steigenden Wohnraumbedarf in den großen Städten“. Das hat aber nicht nur mit dem Zuzug und der Demografie zu tun: „Wir beobachten einen Trend hin zu mehreren Wohnsitzen pro Person – sei es aus privaten oder beruflichen Gründen.“Das führt zu einer stärkeren Nachfrage nach kleinerem Wohnraum mit zusätzlichen, gemeinschaftlich genutzten Flächen. Derartige Tendenzen müssen sowohl in der Städteplanung als auch in aktuellen und zukünftigen Projektentwicklungen verstärkt Berücksichtigung finden, sagt Wachernig.
Ein weiterer Faktor, der für die weltweite Urbanität entscheidend sein wird, ist die „Integration von öffentlichen und privaten Nutzungen, die sich miteinander verzahnen und offene Grenzen schaffen“, ist Winfried Kallinger von Kallinger Projekte überzeugt. „Damit wirkt man ,Gated Communities‘ entgegen.“Auch St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler – übrigens der einzige offizielle heimische Politiker auf der Messe – betont die „Gemeinsamkeit auf allen Ebenen“: „Städte müssen aufhören, etwas für die Wirtschaft zu tun, und müssen anfangen, Standortpolitik mit der Wirtschaft zu machen.“
Neue Trends gibt es auch auf dem Hotelmarkt: Er ist im Aufbre- chen, die klassischen Kategorisierungen werden gesprengt. „Hier liegt mein derzeitiger Schwerpunkt“, sagt Rupert Simoner, Vorstandsvorsitzender von Vienna House. „Starre Raum- und Restaurantkonzepte gehören für mich der Vergangenheit an. Es geht um Mobilität, Trends, Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und Wandelbarkeit.“Das neue Konzept der Vienna House Gruppe siedelt Simoner „zwischen Hotelrevolution und -evolution“an: Die Vorteile von Hotels, Guesthouses, individuellen Reisewohnerlebnissen und jungen, lifestyligen Cityquartieren würden dabei vermischt. „Ich gehe davon aus, dass diese neue Art des Hotelerlebens alte und neue Gästegruppen erschließt.“
Ganz generell ist die Immobilienbranche in Zeiten historisch hoher Preise, massiver Nachfrage und eines immer knapper werdenden Angebots für alle Investoren eine Herausforderung. „Es ist sehr interessant zu sehen, wie die verschiedenen Investoren darauf reagieren“, sagt der Vorstandsvorsitzende der CA Immo AG, Andreas Quint. Dieses Thema bildet einen Informationsschwerpunkt auf der Messe. Dabei schließen Quints Überlegungen unterschiedliche Aspekte mit ein: einerseits politi- sche Entwicklungen in den einzelnen Ländern, von den USA über Großbritannien, Italien und Deutschland bis hin zu den EUBeitrittskandidaten, andererseits aber auch die Diskussion über die künftige Entwicklung makroökonomischer Faktoren wie Wachstum, Inflation und Zinsen.
Auch für Rechtsanwalt Alfred Nemetschke, Partner bei NHK Rechtsanwälte, sind Investoren ein spannendes Thema: „Welche Investmentkategorien sind gefragt? Welche Richtlinien haben sie, wie weit geht ihre Risikobereitschaft im Zusammenhang mit Forward Deals?“Auch die „neuen Spieler, die in Wien ante portas stehen“, wecken das Interesse des Anwalts.
Und natürlich ebenso die rechtlichen Entwicklungen. Im Forum „Regulierung und Recht“diskutieren Juristen, wie sich der europäische Rechtsrahmen und nationale Gesetze auf die Immobilienbranche auswirken. Wobei auch hier die Anforderungen vielschichtig sind. Zum Beispiel, weil die Städte überlaufen werden, während die ländlichen Regionen ausdünnen: Der Regelungsbedarf in hoch verdichteten Innenstädten und am flachen Land werde sich „entsprechend den Bedürfnissen weiterentwickeln“, blickt Nemetschke in die juristische Zukunft.