Justiz weitet Ermittlungen gegen Wienwert aus
Pleite. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft, der gleich mehrere Anzeigen vorliegen, lässt das insolvente Unternehmen von Gerichtsgutachter Matthias Kopetzky durchleuchten. Vorstand Stefan Gruze droht eine Betrugsanzeige.
Eine Sachverhaltsdarstellung des Anlegerschutzvereins Cobin Claims gegen die Gründer des Immo-Unternehmens Wienwert, Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu sowie Vorstand Stefan Gruze, hat die Justizmaschinerie im November in Gang gebracht. Jetzt weitet die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Ermittlungen wegen Untreue und Bilanzfälschung gegen die Akteure der – inzwischen insolventen – WW Holding und deren Tochter Wienwert aus. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
„Es sind inzwischen weitere Anzeigen eingelangt, die bereits in das Verfahren einbezogen wurden“, bestätigte die Sprecherin der Behörde, Elisabeth Täubl, der „Presse“. In der ersten Anzeige geht es darum, dass die WW Holding über den Erwerb der Markenrechte von den Gründern „entrei- chert“worden sein soll. Eine zweite anonyme Anzeige zielt auf Gläubigerschädigung durch illegale Geldabflüsse, auch im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Immobilie am Getreidemarkt.
Die WKStA hat zudem ein Gutachten in Auftrag gegeben, sagt Täubl. Wie „Die Presse“erfuhr, soll der renommierte Sachverständige Matthias Kopetzky das Unternehmen in seiner Gesamtheit, also Immobiliendeals und Geldflüsse, unter die Lupe nehmen. Kopetzky war für die Behörde vielfach tätig, unter anderem im Verfahren um den Behördenfunk, in der Causa um mutmaßliche Geldflüsse von der Novomatic an Ex-Finanzminister KarlHeinz Grasser sowie in diversen Verfahren um Parteienfinanzierung durch die Telekom Austria. Bei Libro kam er selbst unter Beschuss.
Parallel dazu kniet sich Masseverwalter Norbert Abel in die Materie. Er hat zwei Expertisen in Auftrag gegeben – zu den Immobilien- geschäften und den Bilanzen. Am Montag will Abel dem Gläubigerausschuss Angebote für die WWTochter Wienwert vorlegen. Die will er so gut wie möglich versilbern, um für die rund 900 Gläubiger, die mit 34,4 Mio. Euro bei 16 Anleihen investiert sind, so viel wie möglich herauszuholen. Montag endet die Angebotsfrist. Das „Profil“berichtet von mehr als einem Dutzend Interessenten.
Vorstand im Privatkonkurs?
Gruze, der ursprünglich die Ermittlungen der Justiz als eine der Insolvenzursachen angeführt hatte, droht indes ein weiteres Verfahren: In einem der „Presse“vorliegenden, mit 29. Februar 2016 datierten Mail schreibt Gruzes damaliger Anwalt, Nikolaus Vavrovsky, an den Rechtsvertreter einer vormaligen Gläubigerin, Gruze habe Schulden von vier Mio. Euro, er habe sich in Österreich abgemeldet und sei nach Großbritannien übersiedelt. Dort plane er ein (Privat-)Insolvenzverfahren, bei dem mit keiner Quote zu rechnen sei. Sie müsse daher ihre Forderung vollständig abschreiben. In einem „letzten Versuch“, ein Verfahren zu vermeiden, habe Gruzes Familie Geld aufgestellt. Gruze biete ihr daher ein Vergleichsangebot über 10.000 Euro, heißt es in dem Mail.
Sedelmayer und Bakirzoglu reagieren empört, wie deren Anwalt Stefan Prochaska berichtet. Denn Gruze war bereits seit 1. Jänner 2016 als neuer designierter Vorstandsvorsitzender in das Unternehmen eingebunden, mit 1. April hat er den Vorstandsvorsitz übernommen. Von den Schulden und den anderen Problemen habe er aber weder bei den Vorstellungsgesprächen etwas erwähnt, noch stehe etwas in dem von ihm vorgelegten Lebenslauf. Prochaskas Kollege Ewald Scheucher soll deshalb nun eine Anzeige wegen Betrugs vorbereiten.