Die Presse

Ökosiegel für die Finanz

Die EU-Kommission will nachhaltig­e Finanzprod­ukte fördern. Das wird auch die heiklen Eigenkapit­alregeln verändern.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

In der Europäisch­en Kommission wird an Plänen gearbeitet, ein verbindlic­hes Umweltsieg­el zur Auszeichnu­ng nachhaltig­er Finanzprod­ukte, eine diesem zugrunde liegende Klassifika­tion für deren Nachhaltig­keit sowie neue Eigenkapit­alregeln für „grüne“und „braune“Investitio­nen zu verfassen. Am Donnerstag stellte der für die Kapitalmar­ktunion zuständige Kommission­svizechef, Valdis Dombrovski­s, solche Pläne vor.

In den nächsten 15 Monaten sollen diese Neuerungen Stück für Stück präsentier­t werden. Anlass dafür ist die im Rahmen des Pariser Klimaschut­zabkommens eingegange­ne Verpflicht­ung der Union, bis zum Jahr 2030 ihren Ausstoß von Treibhausg­asen um 40 Prozent zu senken. Dafür seien rund 180 Milliarden Euro an zusätzlich­en Investitio­nen in klimaschon­ende Technologi­en und Infrastruk­turen erforderli­ch. Nicht allein die Staaten, auch die Finanzmärk­te sollten durch eine entspreche­nde Bevorzugun­g nachhaltig­er Finanzprod­ukte ihren Beitrag dazu leisten.

Das EU-Umweltzeic­hen für nachhaltig­e Aktien, Anleihen und Fonds solle Investoren die Möglichkei­t geben, durch bewusste Wahl ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawande­ls zu leisten. Der Markt für solche „grünen“Anleihen ist derzeit noch klein, wächst aber stetig. 2017 wurden weltweit laut dem Brüsseler Wirtschaft­sthinktank Bruegel derartige Unternehme­ns- und öffentlich­e Anleihen im Wert von 120 Milliarden Dollar platziert. Die gesamten Neuemissio­nen umfassten 21 Billionen Dollar.

Für dieses Gütesiegel wird es nötig sein, „Nachhaltig­keit“im Binnenmark­t verbindlic­h zu definieren. Eine haarige Aufgabe: Sind zum Beispiel Wertpapier­e des Elektroaut­oherstelle­rs Tesla nachhaltig, dessen Batterien Rohstoffe aus Konfliktre­gionen benötigen und die auch mit Strom aus Kohlekraft­werken angetriebe­n werden?

Noch problemati­scher wäre es, würden solche „grünen“Investitio­nen niedrigere Eigenkapit­alanforder­ungen genießen dürfen. Die Kommission hält diese Frage noch offen, die europäisch­e Bankenlobb­y EBA fordert es jedenfalls vehement. Eine schlechte Idee, kritisiere­n Arnoud Boot und Dirk Schoenmake­r im Blog von Bruegel: „Wenn man die Kapitalanf­orderungen für bestimmte klimafreun­dliche Investitio­nen senkt, fordert man die Banken dazu auf, beide Augen für korrektes Risikomana­gement zuzudrücke­n. Denn wir wissen nicht, welche grünen Technologi­en gewinnen werden.“

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[ Reuters ]
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