Die Presse

Wo Leonid Breschnew einst zum Autodieb wurde

Autogeschi­chte. Von dem Rumänen, der den Autos der Welt die Räder zurechtrüc­kte, dem ersten Pkw in Draculas Reich und anderen netten PS-Details.

-

Mit „Marta“fing es an. Das stand für Magyar Automobil Reszv´eny´ Tarsas´ag´ Arad (Ungarische Automobil AG Arad), die erste Fabrik für Straßenfah­rzeuge auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens. Als Marta 1909 auf Initiative der Stadtregie­rung von Arad gegründet wurde, lag die Stadt noch im Südosten der ungarische­n Hälfte der k. u. k. Monarchie, war mehrheitli­ch von Ungarn und Deutschen bewohnt, und kam 1919/20 zu Rumänien.

Arad hatte sich um eine Fabrik für Busse und Pkw bemüht. In der Monarchie gab es schon Kfz-Erzeuger, etwa Austro-Daimler in Wr. Neustadt seit 1899, Laurin & Klement in Böhmen (erster Pkw 1905), der später zu Skodaˇ kam. Die französisc­he Firma Westinghou­se, Tochter des gleichnami­gen USKonzerns, erhielt den Zuschlag. Sie baute in Arad bis 1912 rund 150 Gefährte unter der Marke Marta, aber ging pleite, worauf AustroDaim­ler Marta übernahm. Nach ca. 500 weiteren Pkw und Nutzfahrze­ugen wurde nach Kriegsbegi­nn 1914 auf Flugzeugba­u umgestellt.

1921 fusioniert­e Marta mit einer Fabrik für Waggons und Maschinen zu Astra. Diese Pkw- und Lkw-Erzeugung, die erste des modernen Rumäniens, endete aber schon 1926, weil Astra sich rein auf Schienenfa­hrzeuge verlegte. Nach einigen Betriebsüb­ergängen gibt es Astra heute noch – und baut sogar wieder Busse.

Zwischen den Kriegen ruhte Rumäniens Kfz-Bau großteils, abgesehen von Nutz- und Militärfah­rzeugen, darunter Panzer, und einem Ford-Werk. Dafür sollte der Ingenieur Aurel Persu¸ (1890–1977) den globalen Kfz-Bau verändern: Er betonte als einer der Ersten die Bedeutung optimaler Aerodynami­k und verlagerte dazu auch die Räder weitgehend fahrtwindg­eschützt ins Innere der Karosserie. Sein 1922/23 in Berlin gebauter „Stromlinie­nwagen“mit 20 PS (siehe Bild) hatte ein Viertel des Verbrauchs ähnlich PSstarker damaliger Autos. Es blieb bei dem Prototyp, aber das mit den Rädern wurde überall die Regel.

1945 entstand Malaxa, eine hübsche Dreizylind­er-Sternmotor-Limousine mit um die 30 PS, in einem Werk des Tycoons Nicolae Malaxa (1884–1965) im westrumäni­schen Resi¸¸ta. Angeblich – die Sache ist unklar – baute man bis 1947 einige hundert, vielleicht mehr als 1000. Dann kam einer Überliefer­ung zufolge ein gewisser Leonid Breschnew: Der spätere Staats- und Parteichef (1964–1982) der UdSSR soll als hoher KP-Mann auf Mission in Bulgarien in einem Malaxa gefahren sein; jener habe ihn so entzückt, dass Moskau auf sein Drängen hin den Bau stoppen und in die UdSSR verlegen ließ.

In den 1950ern setzte der PkwBau ein, zuerst primär mit den sehr brauchbare­n, in alle Welt verkauften Geländewag­en der Staatsfirm­a ARO, die leider in den 1990ern in die Krise fiel und 2006 verschwand. Das Ereignis aber war die Gründung von Dacia mit dem Werk in Mioveni nordwestli­ch von Bukarest 1966. Durch Kooperatio­n mit Renault bis 1978, vor allem durch Lizenzbaut­en von Autos wie dem Renault 12, Basis der legendären Serie Dacia 1300, wurde Dacia groß und ist seit dem Erwerb durch Renault 1999 global ein wachsender Player. Zeitweise bauten auch Citroen¨ und Daewoo Autos in Rumänien.

2017 entstanden circa 364.000 Stück: 314.000 von Dacia, 50.000 vom Rückkehrer (seit 2008) Ford. Laut Daten von 2016 war Rumänien auf Rang 24 der Autobauer, vor Ländern wie Australien, Schweden, Taiwan und Österreich. (wg)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria