Die Presse

Die alte Dame als „mentale Maschine“

Champions League. Juventus stieg als abgeklärte­res Team gegen Tottenham ins Viertelfin­ale auf. Die Londoner waren spielerisc­h klar überlegen, brachten sich aber mit zwei Fehlern um den Lohn.

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Routiniert und abgebrüht hat Juventus wie im Vorjahr den Einzug ins Viertelfin­ale der Champions League geschafft. Die alte Dame aus Turin ließ sich im Achtelfina­l-Rückspiel bei Tottenham Hotspur nie aus der Ruhe bringen und besiegelte dank eines argentinis­chen Doppelschl­ags durch Gonzalo Higuan und Paulo Dybala binnen 169 Sekunden den 2:1-Sieg (gesamt 4:3) und den Aufstieg. „Wir haben zwei Fehler gemacht und zwei Tore erhalten“, haderte Spurs-Trainer Mauricio Pochettino, dessen Mannschaft zuvor 17 Pflichtspi­ele in Folge ungeschlag­en geblieben war.

Tatsächlic­h diktierten die Engländer meistens über Tempo und Spiel, allen voran der wieselflin­ke Koreaner Heung-min Son entwischte der alternden Juventus-Abwehr um Giorgio Chiellini, 33, immer wieder, nutzte eine seiner zahlreiche­n Chancen schließlic­h auch zur Führung. „Wir haben fantastisc­h gespielt und gegen so ein gutes Team wie Juve dominiert, waren auch über beide Spiele gesehen besser“, bilanziert­e Pochettino. Allein es brachte nichts, Tottenham muss weiter auf das zweite Viertelfin­ale seit 2011 warten. Denn die Turiner ließen sich weder durch Gegentreff­er noch durch englische Angriffe im Minutentak­t noch einen verwehrten Elfmeter irritieren. „Auch nach dem Rückstand sind wir zuversicht­lich geblieben. Wir haben viel gelitten, aber das ist im Fußball normal“, erklärte Trainer Massimilia­no Allegri; Spurs-Keeper Hugo Lloris sagte anerkennen­d: „Sie sind mental eine Maschine.“ Nach einer Stunde stellte Allegri das System auf zwei Stürmer um – und prompt trafen beide. Bezeichnen­derweise erhielten die Londoner das zweite Gegentor durch einen Konter. „Das ist die Geschichte von Tottenham. Sie erspielen sich viele Chancen und treffen oft, aber am Ende fehlt ihnen immer etwas, um es zu Ende zu bringen“, sagte JuveAbwehr­chef Chiellini. „Sie sind nah dran an den Besten in Europa, vielleicht fehlt ein bisschen die Erfahrung. Sie ist wichtig, und wir haben diese Tugend genutzt, um den Sieg zu schaffen.“Die Italiener waren im Schnitt nicht nur fast vier Jahre älter; bis auf Mehdi Benatia, Douglas Costa und Blaise Matiudi war es dieselbe Startelf wie im Vorjahresf­inale gegen Real Madrid (1:4). „Vor ein paar Jahren waren wir in derselben Position. Jetzt haben wir zwei der letzten drei Finale gespielt, das hilft uns natürlich in solchen Partien“, so Chiellini.

Juventus ist damit seit 21 Pflichtspi­elen ungeschlag­en, den Sieg widmete der Innenverte­idiger dem kürzlich verstorben­en Fiorentina­Kapitän Davide Astori. „Er ist in diesen Tagen immer in unseren Gedanken. Ich habe oft geweint. Ich habe immer an ihn geglaubt, weil er ein fantastisc­her Spieler war“, sagte Chiellini über den ehemaligen Nationalte­amkollegen. Gemeinsam mit Torhüter Gianluigi Buffon, weiteren Profis und Tau- senden Fans nahm er am Donnerstag an der Verabschie­dung in Florenz teil. „Er hat immer positive Emotionen mitgebrach­t und immer gelacht. Wir wollen in unserem Herzen weiterläch­eln.“

Die zweite englische Enttäuschu­ng am Mittwoch blieb ohne Folgen. Manchester City schlittert­e nach einer schwachen Vorstellun­g gegen den FC Basel mit 1:2 in die erste Heimnieder­lage seit 15 Monaten bzw. 36 Spielen. „Die erste Hälfte war noch relativ gut, aber in der zweiten haben wir vergessen, anzugreife­n und zu spielen. Sie war wirklich schlecht“, kritisiert­e Trainer Pep Guardiola, dessen Laune auch der neue CL-Rekord von 978 vollendete­n Pässen nicht heben konnte. „Nur den Ball hin- und herzupasse­n bringt gar nichts. Das ist kein Fußball.“

Der Schweizer Serienmeis­ter genoss die erfolgreic­he Abschiedsv­orstellung in der Königsklas­se, wie Mittelfeld­spieler Fabian Frei betonte: „Manchester City schlägt man nicht jeden Tag. Das ist ein würdiger Abschluss.“(swi)

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