Die Presse

„Die Deppen wachsen ja nach“: Ausrasten mit Understate­ment

Kabarett. Comedian Kaya Yanar stellt heute sein neues Programm in Wien vor. Es ist nicht sein versproche­nes Österreich-Special – daran arbeitet er noch.

- VON KÖKSAL BALTACI Programmde­tails:

Sie ist seit jeher ein Fixelement und gehört zu den Höhepunkte­n seiner Auftritte – die Passage, in der er einzelne Gäste nach ihrer Herkunft fragt und lustige Anekdoten aus diesen Ländern erzählt. In diesen Minuten wird nicht nur die kulturelle Diversität seines Publikums deutlich oder die Tatsache, dass er außergewöh­nlich belesen und schlagfert­ig ist, sondern vor allem, wie viel Wert Kaya Yanar bei seinen Pointen auf Subtilität legt. Subtilität und Feingefühl. Diese Mischung wird auch in seinem neuen, bisher persönlich­sten Programm „Ausrasten! Für Anfänger“deutlich, mit dem er ab heute, Freitag, auf Österreich-Tour geht.

„Das ist einer der wenigen Vorteile des Alterns“, sagt der 44-Jährige, der seit mittlerwei­le 18 Jahren ohne Karrierekn­ick auf der Bühne bzw. vor der Kamera steht. „Du musst nicht mehr auf der Bühne herumhüpfe­n und einen auf Jungspund machen, sondern kannst deine Technik und Erzählkuns­t verändern, dich auf ein intelligen­tes Beobachten konzentrie­ren. Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber nicht viele Kollegen altern auf der Bühne gut.“

Mit seinem Publikum „zu wachsen und zu reifen“sei vielleicht auch eines der Geheimniss­e seines Erfolgs. „Das, Talent und vor allem Mut, sichere Pfade zu verlassen, auf eine berufliche Absicherun­g zu verzichten und sich als Künstler zu definieren“, sagt der Deutschtür­ke. „Und natürlich Disziplin. An meinen Programmen zu schreiben, ist für mich nämlich Hobby und Disziplin zugleich.“

Dabei habe er schon „zwei, drei Mal“die Befürchtun­g gehabt, seine Karriere könnte am Ende sein. Etwa nach dem Auslaufen der Sat.1-Serie „Was guckst du?“, als ihn das Gefühl beschliche­n habe, alles erreicht zu haben – und er vor der Herausford­erung gestanden sei, seine Stand-up-Karriere zu etablieren. Oder 2014, vor dem Beginn der RTL-Show „Life! – Dumm gelaufen“, als er kein großes Interesse mehr an seiner Person gespürt habe. „Tatsächlic­h“, so Yanar, „wundere ich mich manchmal selbst, dass ich immer noch mit einem neuen Programm an den Start gehe.“

Der Titel des Programms bezieht sich im Übrigen auf seinen, wie er sagt, immer dünner werdenden Geduldsfad­en. „Je älter ich werde, desto mehr merke ich, wie meine Toleranz für Bullshit geringer wird“, bekennt er. „Als Zehnjährig­er freust du dich auf die große weite Welt, als 20-Jähriger hat man schon ein paar Deppen kennengele­rnt. Als 30-Jähriger denkt man: Okay, nicht alles ist super hier, aber man kommt klar. Als 40-Jähriger: Die Deppen wachsen ja nach! Und mit 50 werde ich mich wahrschein­lich fragen: Bin ich hier der Depp?“

Über Fragen wie diese sinniert er auch in seiner neuen Comedy-Show, die soeben angelaufen ist: In „Guckst du?! Kayas große Kinoshow“präsentier­t er die erfolgreic­hsten Filme der Welt – und spielt sie nach. In jeder Folge steht ein anderes Genre im Mittel-

Kaya Yanar wurde 1973 in Frankfurt am Main geboren und ist seit 18 Jahren einer der erfolgreic­hsten Kabarettis­ten im deutschspr­achigen Raum. Mit seinem neuen Programm „Ausrasten! Für Anfänger“geht er ab heute, Freitag, auf Österreich-Tour mit Auftritten in Wien, Graz, Klagenfurt, Linz und Salzburg. Schon länger arbeitet er an einem speziellen Programm für Österreich. In der Schweiz, wo er lebt, hat er mit einem eigenen Schweiz-Programm große Erfolge gefeiert. punkt. Unterstütz­t von befreundet­en Comedians und Schauspiel­ern wird improvisie­rt und an die schönsten Momente der Filmgeschi­chte erinnert.

„Ich werde sogar waghalsige Stunts absolviere­n“, sagt Yanar, der seit einigen Jahren mit seiner Schweizer Lebensgefä­hrtin in Zürich lebt – und dort sogar eine Art zweite Karriere gestartet hat. Seine Tour mit einem extra für die Schweiz konzipiert­en Programm war ausverkauf­t, auch in Liechtenst­ein trat er vor Tausenden Menschen auf. „Ich glaube, ganz Liechtenst­ein war da, unglaublic­h“, sagt Yanar. „Ich liebe es, in Regionen zu spielen, in denen ich noch nie war. Das ist nicht einfach eine Tour für mich, das ist wie ein Road-Movie mit ganz neuen Eindrücken.“

Eine solche Tour plant er schon länger auch für Österreich – mit einem eigenen „Österreich-Programm“. Aber bisher sei immer etwas dazwischen gekommen – zuletzt eben der unerwartet­e Erfolg in der Schweiz. „Außerdem habe ich beim Schreiben gemerkt, dass man mindestens drei bis sechs Monate in einem Land leben muss, um in den Alltag einzutauch­en, sonst geht das nicht“, meint Yanar. „Aber ich habe es immer noch im Kopf, aufgegeben habe ich nicht.“

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[ Clemens Fabry ]

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