Das Mahlwerk und das Flusensieb
Was die Klavierkarriere mit der Überlebensdauer der Kaffeemaschine zu tun hat.
Mühe
kann Freude machen, erklärt der Kollege und schwärmt von seiner Espressomaschine, der er gern wöchentlich, wie vorgesehen, das Mahlwerk reinigt. Es ist eine besonders gute Maschine, und eine Augenweide noch dazu. Bewundernswert, denkt man sich, aber vertagt das Entkalken, Auspinseln und Streicheln der eigenen Kaffeemaschine jedes Mal aufs Neue. Bis Lichter aufleuchten, die einen schon frühmorgens tadeln. Nur das Mahlwerk, das mahnt nicht, das leidet still vor sich hin, und dann ist es irgendwann kaputt.
Diese traurige Ende war einem schon beim Lesen des Satzes „. . . ist wöchentlich zu reinigen“in der Gebrauchsanweisung bewusst. In der persönlichen Versagenshitliste traf er auf Anweisungen des Physiotherapeuten („Jeden Tag ein paar Minuten . . .“), des Mathematiklehrers („Regelmäßig üben“), der Klavierlehrerin („Die Tonleitern täglich“) und viele andere nicht befolgte Instruktionen. Das Leben wäre vielleicht ganz anders verlaufen, wenn man nicht immer erst kurz vor der Klavierstunde panisch zu üben begonnen hätte.
Manche Dinge, erklärt man Kindern, muss man täglich tun, es hört nie auf und ist unverhandelbar. Zähneputzen etwa. Manches ist regelmäßig zu tun, um den sozialen Frieden innerhalb einer Familie nicht zu gefährden, auch wenn sich die Dringlichkeit nicht allen erschließt. Das kann das Reinigen des Hamsterkäfigs sein, das Retournieren von ausgeborgten Ladegeräten, aber auch das Befüllen des Weinkühlschranks.
Wartung ist hingegen etwas, das in die Zukunft zeigt, vor der man die Augen verschließt, wenn man ein neues, makelloses Gerät vor sich hat. Wer will da schon an die ersten Gebrechen denken. Während man jetzt ins Philosophieren kommen könnte, über die Liebe und so, sagt der Kollege, du bist einfach nur faul, und dann fällt auch noch das Wort Flusensieb. Ein klares Foul.