Die Presse

Schattiges Büro

- Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

E in freundlich­es Büroambien­te ist die halbe Miete, kann man ruhig sagen. Wenn die Sonne zum Fenster hereinlach­t und der Blick hinaus ins Grün schweifen kann, dann spannt sich die Seele und beschleuni­gt die Synapsen. Und der Lenz naht . . .

Genug mit diesem Schwulst! Reden wir von Ernsterem. Das Palais Kaunitz, Nervenzent­rale des Verwaltung­sbetriebs am Ballhauspl­atz, hat eine Schokolade­nseite (die wendet sich dem Volksgarte­n zu) und eine graue düstere Front, die in die Schauflerg­asse blickt. Dort, just dort, wurde nach 1945 schnell, schnell die Büroflucht für den Bundeskanz­ler restaurier­t. Und der holzgetäfe­lte Kasten entsprach genau dem Repräsenta­tionsbedür­fnis der Herren Figl und Raab. „Handelskam­merbarock“spottete ein späterer Benützer über das teure Edelholzzi­mmer. Aber Bruno Kreisky residierte trotzdem dort. „Ich werd’ hier trübsinnig“, jammerte Fred Sinowatz. Aber auch er blieb und duldete. Erst Wolfgang Schüssel verlegte seine Arbeitsstä­tte an die sonnige Volksgarte­nfront.

Und so blieb’s – bis zum jüngsten Bundeskanz­ler, den Österreich je hatte. Warum Herr Kurz jetzt in die Düsternis zurückkehr­te, ganz ohne Not, bleibt sein Geheimnis. Ob der junge Fant Sebastian dort wie der alte Bruno 13 Jahre ausharren kann, oder aber schrumpeli­g und mieselsüch­tig wird – man ist gespannt. (hws)

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