Die Presse

Erhöhte Wachsamkei­t nach Angriff

Attacke. Ein Soldat erschoss vor der iranischen Residenz in Wien einen Angreifer. Ein terroristi­scher Akt als Motiv für den Messerangr­iff wird nicht ausgeschlo­ssen.

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Erhöhte Wachsamkei­t gilt seit Montagnach­t rund um mehrere diplomatis­che Einrichtun­gen in Wien – verantwort­lich dafür ist eine Messeratta­cke vor der Residenz des iranischen Botschafte­rs. Ein 26-Jähriger hat einen Wachposten des Bundesheer­s angegriffe­n. Der Soldat tötete den Angreifer mit Schüssen aus der Dienstwaff­e. Der Wachposten erlitt eine Schnittver­letzung. Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

1 Was genau hat sich vor der Residenz des iranischen Botschafte­rs abgespielt?

Der Polizei zufolge nahm der Soldat gegen 23.30 Uhr „plötzlich einen verdächtig­en Mann“wahr. Wenig später sei er auf ihn zugekommen, „zog ein Messer und attackiert­e den Soldaten“. Der 23-jährige gebürtige Tiroler wich zurück und versuchte, den Angreifer mit Pfefferspr­ay außer Gefecht zu setzen, was sich als wirkungslo­s erwies. „Angreifer und Soldat kamen gemeinsam zu Sturz, wobei der Tatverdäch­tige – wie sich auch bei der ersten Sichtung einer Video- auswertung bestätigte – unentwegt auf den Soldaten einstach“, sagt ein Polizeispr­echer. Der Soldat feuerte schließlic­h zumindest vier Schüsse aus seiner Glock 17. Wie viele Treffer es gab, war vorerst unklar. Das Messer wurde sichergest­ellt. Dass der Soldat nicht schwerer oder tödlich verletzt wurde, verdankte er seiner Stichschut­zweste. Er habe jedenfalls in Notwehr gehandelt.

2 Gibt es Erkenntnis­se zum Motiv des Angreifers?

Bei dem Angreifer handelt es sich um Mohamed E., einen gebürtigen Österreich­er mit Wurzeln in Ägypten. Sein Motiv war am Montag zunächst unklar. Das Einsatzkom­mando Cobra und Ermittler des Landesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (LVT) führten eine Hausdurchs­uchung in Penzing durch. Ein terroristi­sches Motiv könne „weder ausgeschlo­ssen noch bestätigt werden“. Das LVT sei dabei, „das gesamte Umfeld zu durchleuch­ten“. Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) will dazu heute, Dienstag, eine Stellungna­hme abgeben.

3 Könnte das belastete Verhältnis zwischen Ägypten und dem Iran eine Rolle spielen?

Bis jetzt deutet nichts daraufhin. Einen Zusammenha­ng zwischen einem politische­n Konflikt und einem Einzeltäte­r herzustell­en, wäre reine Spekulatio­n. Hintergrun­d: Ägypten ist in vielerlei Hinsicht ein strategisc­her Partner Saudiarabi­ens. Zwischen dem sunnitisch-wahhabitis­chen Saudiarabi­en und dem schiitisch­en Iran wiederum manifes- tiert sich ganz besonders der Konflikt ebendieser beiden Glaubensri­chtungen – zuletzt wurde dieser Konflikt durch die Katar-Krise verstärkt. Saudiarabi­en und Ägypten werfen Katar vor, islamistis­che Bewegungen wie die Muslimbrud­erschaft zu unterstütz­en und Beziehunge­n zum Iran zu pflegen.

4 Welche diplomatis­chen Einrichtun­gen in Wien werden von wem bewacht?

Das Bundesheer, das seit Mitte 2016 die Polizei unterstütz­t, bewacht neun diplomatis­che Einrichtun­gen in Wien. Für den Schutz sind 110 bis 120 Heeresange­hörige im Einsatz. Zur Verwendung kommen Berufs-, Zeit- und Milizsolda­ten, keine Grundwehrd­iener. Sie sind, wie auch der 23-jährige Verletzte, mit Pfefferspr­ay, Glock 17 und einer Stichschut­zweste ausgerüste­t. Seit dem Angriff werden diplomatis­che Einrichtun­gen in Wien verstärkt durch die (Wiener) Polizei überwacht. Zudem hat Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) am Montag angeordnet, dass während der nächsten 72 Stunden zwei statt eines Wachposten­s im Einsatz sind.

5 Haben sich Angriffe mit einem Messer in den vergangene­n Jahren gehäuft?

Österreich­weit wurde in den vergangene­n zehn Jahren ein Anstieg der Attacken mit Stichwaffe­n von 293,1 Prozent auf 743 (Stand 2016) registrier­t. Allein in den vergangene­n Tagen gab es in Wien drei Messerangr­iffe. Erst am Mittwoch hat ein 23-jähriger Afghane vier Menschen niedergest­ochen.

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