Der mächtige Mann und seine Grenze
Weisungskette. Der Generalsekretär im Innenministerium betont, dass er Akten des Verfassungsschutzes auch ohne Hausdurchsuchung bekäme. Aber inwieweit stimmt das?
Hat sich der Generalsekretär im Innenministerium mit der Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Zugang über den Ermittlungsstand in der rechtsextremen Szene verschaffen wollen? Ein Vorwurf, der seit Tagen im Raum steht – und der von Generalsekretär Peter Goldgruber vehement dementiert wird.
Der von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl eingesetzte Generalsekretär führt dabei auch weisungsrechtliche Argumente ins Treffen: „Wenn ich wollte, dass ich Einsicht in diese Unterlagen habe, dann brauche ich dazu keine Hausdurchsuchung, weil ich bin ja dort Vorgesetzter des Leiters. Ich könnte einfach hingehen und die Unterlagen anschauen“, erklärte Goldgruber im ORF-Radio. Aber stimmt das auch?
Laut dem Bundesministeriengesetz ist der Generalsekretär der „unmittelbare Vorgesetzte aller Sektionsleiter im Bundesministe- rium sowie Vorgesetzter aller dem Bundesministerium nachgeordneter Dienststellen“. Er dürfe Sektionschefs, aber auch hierarisch weiter unten stehenden Mitarbeitern (und damit auch jenen des BVT) Weisungen geben, analysiert Karl Stöger, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Graz.
Eine Weisung muss nicht schriftlich erfolgen, es reicht ein simpler mündlicher Satz. Es müsse nur klar sein, dass „ein Befolgungsanspruch erkennbar ist“, sagt Stöger. Ein Beamter kann die Befolgung einer Weisung zwar ablehnen, wenn sie gegen Strafgesetze verstößt, das wird aber nicht so leicht darzulegen sein. Und ein Generalsekretär darf sich nicht aus privatem Interesse Akten kommen lassen. „Es braucht einen dienstlichen Grund, um in Akten oder dergleichen Einsicht zu nehmen“, betont Stöger im Gespräch mit der „Presse“.
Was wären nun die möglichen Konsequenzen, falls ein General- sekretär wirklich ohne guten Grund Akten einfordert? In erster Linie dienstrechtliche, meint Hubert Hinterhofer, Professor für Strafrecht an der Uni Salzburg. Für das strafrechtliche Delikt des Amtsmissbrauchs würde es mehr brauchen als die Akteneinsicht. Dafür müsste man dem Generalsekretär einen Schädigungsvorsatz nachweisen. Dieser läge etwa vor, wenn die angeforderten Akten dazu verwendet werden sollen, Ermittlungen gegen Rechtsextreme zu verhindern (diesfalls wäre der Staat in seinem Recht auf Strafverfolgung geschädigt).
Solange ein Generalsekretär aber sachlich handelt, sind seiner Macht im Ministerium kaum Grenzen gesetzt. Wobei der Verweis des Generalsekretärs darauf, dass er Akten legal einfordern dürfe, nicht bereits den Schluss zulasse, dass bei der Hausdurchsuchung alles rechtens zugegangen sei, ergänzt Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Denn dafür würden ja wieder ganz andere Gesetze und Regeln gelten.