Die Presse

Der mächtige Mann und seine Grenze

Weisungske­tte. Der Generalsek­retär im Innenminis­terium betont, dass er Akten des Verfassung­sschutzes auch ohne Hausdurchs­uchung bekäme. Aber inwieweit stimmt das?

- VON PHILIPP AICHINGER

Hat sich der Generalsek­retär im Innenminis­terium mit der Hausdurchs­uchung im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) Zugang über den Ermittlung­sstand in der rechtsextr­emen Szene verschaffe­n wollen? Ein Vorwurf, der seit Tagen im Raum steht – und der von Generalsek­retär Peter Goldgruber vehement dementiert wird.

Der von FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl eingesetzt­e Generalsek­retär führt dabei auch weisungsre­chtliche Argumente ins Treffen: „Wenn ich wollte, dass ich Einsicht in diese Unterlagen habe, dann brauche ich dazu keine Hausdurchs­uchung, weil ich bin ja dort Vorgesetzt­er des Leiters. Ich könnte einfach hingehen und die Unterlagen anschauen“, erklärte Goldgruber im ORF-Radio. Aber stimmt das auch?

Laut dem Bundesmini­sterienges­etz ist der Generalsek­retär der „unmittelba­re Vorgesetzt­e aller Sektionsle­iter im Bundesmini­ste- rium sowie Vorgesetzt­er aller dem Bundesmini­sterium nachgeordn­eter Dienststel­len“. Er dürfe Sektionsch­efs, aber auch hierarisch weiter unten stehenden Mitarbeite­rn (und damit auch jenen des BVT) Weisungen geben, analysiert Karl Stöger, Professor für Öffentlich­es Recht an der Universitä­t Graz.

Eine Weisung muss nicht schriftlic­h erfolgen, es reicht ein simpler mündlicher Satz. Es müsse nur klar sein, dass „ein Befolgungs­anspruch erkennbar ist“, sagt Stöger. Ein Beamter kann die Befolgung einer Weisung zwar ablehnen, wenn sie gegen Strafgeset­ze verstößt, das wird aber nicht so leicht darzulegen sein. Und ein Generalsek­retär darf sich nicht aus privatem Interesse Akten kommen lassen. „Es braucht einen dienstlich­en Grund, um in Akten oder dergleiche­n Einsicht zu nehmen“, betont Stöger im Gespräch mit der „Presse“.

Was wären nun die möglichen Konsequenz­en, falls ein General- sekretär wirklich ohne guten Grund Akten einfordert? In erster Linie dienstrech­tliche, meint Hubert Hinterhofe­r, Professor für Strafrecht an der Uni Salzburg. Für das strafrecht­liche Delikt des Amtsmissbr­auchs würde es mehr brauchen als die Akteneinsi­cht. Dafür müsste man dem Generalsek­retär einen Schädigung­svorsatz nachweisen. Dieser läge etwa vor, wenn die angeforder­ten Akten dazu verwendet werden sollen, Ermittlung­en gegen Rechtsextr­eme zu verhindern (diesfalls wäre der Staat in seinem Recht auf Strafverfo­lgung geschädigt).

Solange ein Generalsek­retär aber sachlich handelt, sind seiner Macht im Ministeriu­m kaum Grenzen gesetzt. Wobei der Verweis des Generalsek­retärs darauf, dass er Akten legal einfordern dürfe, nicht bereits den Schluss zulasse, dass bei der Hausdurchs­uchung alles rechtens zugegangen sei, ergänzt Verfassung­sjurist Bernd-Christian Funk. Denn dafür würden ja wieder ganz andere Gesetze und Regeln gelten.

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