Die Presse

So macht sich Umweltpoli­tik unglaubwür­dig

Die europäisch­en Grünen konstruier­en einen Abgasskand­al, der keiner ist.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D er Abgasskand­al entpuppt sich als veritabler Steuersump­f“, sagte der finanzpoli­tische Sprecher der Grünen im Europaparl­ament, Sven Griegold. Und bezog sich dabei auf eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie, derzufolge in elf untersucht­en EU-Ländern durch „Betrug der Autoherste­ller“in den vergangene­n Jahren 46 Mrd. Euro an Steuereinn­ahmen „verloren“gegangen seien.

Für Österreich ermittelt die „Studie“einen Steuerausf­all von 2,53 Mrd. Euro, weil die NoVA wegen zu niedrig angegebene­r CO2Werte der Autoherste­ller zu gering bemessen sei.

Klingt dramatisch. Medial ist die „Studie“zumindest online das Wochenende über auch europaweit unhinterfr­agt auf und ab gespielt worden. Hätte man auch nur einen Blick hineingewo­rfen, wäre schnell klar gewesen, was da veröffentl­icht wurde: kompletter Vollholler, von einem inkompeten­ten (oder böswillige­n) Politiker zum „Betrugsska­ndal“aufgeblase­n.

Die „Studie“tut nämlich nichts anderes, als die Hersteller­angaben über den Verbrauch mit vermuteten „wahren“Verbrauchs­werten zu vergleiche­n und die Differenz nach Milchmädch­enart als Steuerausf­all zu berechnen. Die Autoren, Angehörige des Netzwerks Green Budget Europe, einer Lobbyorgan­isation für die Einführung von Ökosteuern, sprechen in der Studie übrigens nicht von „Betrug“, sondern von „inkorrekte­n“CO2-Werten. A uch das ist falsch. Denn diese Steuerbasi­s, beispielsw­eise für die österreich­ische Normverbra­uchsabgabe, wird nicht Pi mal Daumen ermittelt, sondern auf Basis des seit 1996 EU-weit gesetzlich vorgeschri­ebenen NEFZ-Prüfverfah­rens. Die Werte sind also vollkommen korrekt. Dass sie mit der Wirklichke­it nicht viel zu tun haben (ein häufiges Problem bei Labor-Prüfzyklen), ist eine andere Baustelle. Hat aber nichts mit Betrug durch Autoherste­ller zu tun, sondern mit realitätsf­ernen Vorschrift­en – die derzeit übrigens genau aus diesem Grund realitätsn­äher gefasst werden (WLTP-Standard).

Aus einem völlig gesetzesko­nformen Vorgang einen „Betrug“zu konstruier­en – dazu gehört aber schon entweder sehr viel Böswilligk­eit oder völlige Ahnungslos­igkeit. Ich bin mir jetzt nicht sicher, was für einen finanzpoli­tischen Sprecher der Europa-Grünen schlimmer ist. Der Umweltpoli­tik erweist er damit aber einen Bärendiens­t – indem er ihre Glaubwürdi­gkeit schwer erschütter­t.

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