Deutsche Versorger ordnen sich neu
E.ON und RWE tauschen Geschäftssparten und wollen sich damit ein klareres Profil geben. Den Aktionären gefiel das: Die Aktien der deutschen Versorger legten kräftig zu.
In der deutschen Strombranche bahnt sich eine spektakuläre Neuordnung an: Die Energieriesen E.ON und RWE wollen ihre Geschäfte komplett neu aufteilen. E.ON will die RWE-Ökostrom- und Netztochter Innogy übernehmen, die in Österreich maßgeblich an der Kärntner Kelag beteiligt ist, und im Gegenzug den Konkurrenten RWE am eigenen Unternehmen beteiligen.
Konkret soll RWE für den Verkauf von Innogy eine Beteiligung an E.ON in Höhe von knapp 16,7 Prozent erhalten. RWE würde damit der größte Einzelaktionär von E.ON. An RWE sollen zudem Innogys Gasspeichergeschäft und die Beteiligung am Kärntner Energieversorger Kelag gehen.
Bisher hält die RWE-Tochter Innogy 49 Prozent an der Kärntner Energieholding, die wiederum 51 Prozent an der Kelag hält. Zusätzlich hält Innogy einen direkten 13-prozentigen Anteil am Kärntner Versorger, der 1500 Mitarbeiter beschäftigt. Diese Anteile sollen nun also von der Innogy direkt unters Dach der RWE wandern. Innogy würde damit zerschlagen.
Den übrigen Innogy-Aktionären will E.ON ein freiwilliges Übernahmeangebot von 40 Euro je Aktie unterbreiten. Die Vereinbarung zwischen E.ON und RWE muss noch von den Gremien beider Konzerne genehmigt worden, auch die Kartellbehörden haben noch ein Wort mitzureden.
Den Aktionären der beteiligten Firmen gefiel die Ankündigung jedenfalls: RWE und E.ON waren am Montagnachmittag die mit Abstand besten DAX-Werte und zogen den Frankfurter Leitindex nach oben. Innogy legte im Mittelwerteindex MDAX zweistellig zu.
Die RWE hatte das eigene Geschäft mit erneuerbaren Energien, dem Vertrieb und dem Netz erst im Oktober 2016 unter dem Namen Innogy an die Börse gebracht. Seitdem hält RWE noch knapp 76,8 Prozent an Innogy. RWE behielt nach der Abspaltung die konventionellen Großkraftwerke und den Strom-Großhandel.
Durch die Neuordnung bekommen die Unternehmen ein schärferes Profil. So sollen die Erneuerbaren zu RWE zurückkehren. Zudem soll RWE das bisherige E.ON-Geschäft mit den Ökoenergien übernehmen.
E.ON würde im Gegenzug zu einem Unternehmen, das sich ganz auf die Energienetze und das Endkundengeschäft konzentriert. Die Stromnetze sind schon jetzt der verlässlichste Gewinnbringer von E.ON, zuletzt steuerten sie 65 Prozent der Erträge bei.
Über einen Verkauf von Innogy ist in den vergangenen Monaten wiederholt spekuliert worden. Noch vor einer Aufsichtsratssitzung am vergangenen Dienstag hatte das Unternehmen versichert, es würden bei dem Treffen „keine wie auch immer gearteten Szenarien in Bezug auf einen Verkauf des Unternehmens behandelt“. Innogy hat rund 44.000 Mitarbeiter und wurde an der Börse zuletzt mit etwa 20 Milliarden Euro bewertet.
Der bisher wichtigste Gewinnbringer von RWE steht seit geraumer Zeit unter Druck. Wegen andauernder Probleme auf dem britischen Markt musste Innogy die Gewinnprognose für 2017 kappen. Nach einem Absturz des Börsenkurses räumte Vorstandschef Peter Terium seinen Posten. Seitdem führt Personalvorstand Uwe Tigges kommissarisch den Vorstand.
Innogy-Finanzvorstand Bernhard Günther war vor einer Woche Opfer einer Säureattacke geworden. Unbekannte hatten ihn angegriffen und zu Boden geworfen. Sie schütteten ihm Säure ins Gesicht und verschwanden. Günther erlitt schwerste Verletzungen und schwebte zeitweise in Lebensgefahr. (DPA/APA/red.)