Die Presse

Christi Leiden als packendes Musikdrama

Martin Haselböcks Wiener Akademie fesselte mit der „Johannespa­ssion“.

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Durchaus ungewöhnli­ch mutete die Orchesterb­esetzung an, die Martin Haselböck für seine Aufführung von Bachs „Johannespa­ssion“diesmal auf dem Podium des großen Musikverei­nssaals versammelt hatte. Die Fassung von 1749 sieht unter anderem auch einen „Basso grosso“vor – was heute allgemein so ausgelegt wird, dass sich nebst den verschiede­nen Oboeninstr­umenten auch ein Kontrafago­tt zu den Bläsern gesellt.

Haselböck sah sich mit Chor und Orchester seiner „Wiener Akademie“diesmal auch mit Unvorherge­sehenem konfrontie­rt: Kurzfristi­g mussten für die erkrankte Sopranisti­n Dorothee Mields Elisabeth Breuer und für Iestyn Davies Alois Mühlbacher in der Alt-Partie einspringe­n. Beide präsentier­ten sich als würdiger Ersatz. Schon im „Ich folge Dir gleichfall­s“bot Breuers lichtes Timbre einen aufregende­n Kontrast zu Counterten­or Alois Mühlbacher­s melancholi­schem Alt, dessen Wandlungsf­ähigkeit sich im „Es ist vollbracht“voll entfalten konnte.

Tilman Lichdi interpreti­erte die Evangelist­enpartie ebenso makellos wie ausdruckss­tark artikulier­end und sang die Tenorarien mit berührende­m Engagement, meisterlic­h dynamisch schattiert. Bariton Jose´ Antonio Lopez´ beeindruck­te durch große Präsenz und leuchtkräf­tiger Tongebung auch in der Tiefe. Der schöne Bariton von Günter Haumer (als Pilatus), Martina Daxböck (Ancilla), Florian Ehrlinger (Servus) und Grantley McDonald (Petrus) ergänzten die Solistenri­ege im Sinne von Martin Haselböcks feinsinnig­er Dramaturgi­e, die das Publikum in den Bann der „inneren Ordnung“von Bachs Meisterwer­k (Haselböck) zu ziehen wusste. Großer Beifall. (hirn)

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