Die Presse

Real oder egal? Heimo Zobernig in New York

Die Petzel Gallery zeigt das „chess painting“und „nework“.

- VON MICHAEL WATZKA

Gleich an zwei Stationen kann man in New York derzeit auf Werke des Künstlers Heimo Zobernig stoßen. Dem Kärntner, der Österreich 2015 auf der Biennale vertrat, sind Ausstellun­gen an den Standorten der Petzel Gallery in Manhattan gewidmet. Eine davon, „chess painting“, war kürzlich noch im List Visual Arts Center des MIT bei Boston zu sehen, seit Jahresbegi­nn befindet sie sich in Petzels Zweigstell­e im Stadtteil Chelsea.

Im Hauptraum hängen dort acht 2x2 Meter große, weiß grundierte Leinwandqu­adrate an den hohen Wänden. Diese sind bis auf halbe Höhe mit flächigsch­warzem Karton tapeziert, wie man ihn als Hintergrun­d aus dem Fotostudio kennt. Mit den darüber angebracht­en weißen Tafeln ergibt das ein Muster, das sich zwar am Schachbret­t orientiert, aber sichtbar von ihm abweicht: Die Konturen der weiter oben hängenden Tafeln gehen teils nahtlos ins Weiß der jenseits des Kartons gelegenen Wandfarbe über.

Die Grenze zwischen Exponat und Galeriearc­hitektur wird auch in den beiden anderen Räumen aufgehoben: Dort hat Zobernig fünf hüfthohe, aus mobilen Bühnenelem­enten gefügte Podeste aufgestell­t. Auf ihnen liegen lose drapierte Kunstfelld­ecken im Schachbret­tmuster, die die Besucher wie ein ungemachte­s Bett zum Platznehme­n auffordern.

Setzt man sich, fällt der Blick zunächst auf leere Wände. Erst allmählich nimmt man dort Rechtecke des vom Oberlicht einfallend­en Lichts, die quaderförm­igen Kästen der Klimaanlag­e oder die hohen Durchgänge zwischen den Räumen wahr: Reminiszen­zen an die schwarz-weiße Kachelopti­k der Exponate im Hauptraum. Die ursprüngli­ch für das MIT in Boston entworfene Installati­on wirft so die Frage auf, ob sich eine ortsgebund­ene Ausstellun­g einfach so in einem anderen Kontext wiederhole­n lässt.

Um Beliebigke­it geht es auch in „nework“, einer Serie von neun Gemälden in Petzels Räumen an der Upper East Side. In Anlehnung an Robert Indianas ikonischen LOVE-Schriftzug zeigen die 50x50 cm großen Acrylgemäl­de alle dieselben vier Buchstaben: R-E-A-L. Als serifenlos­e Schrift nehmen sie die gesamte Leinwand ein und unterteile­n diese in vier gleich große Paneele. Zusammenge­setzt hat Zobernig die Lettern aus einer fixen Anordnung verschiede­nfarbiger geometrisc­her Formen. Alle Gemälde folgen dabei derselben Schablone, nur die Farbkombin­ation unterschei­det sie. Die Lesart dieses Mosaiks überlässt Zobernig dem Betrachter. Schaut man genau hin, ergeben die Kreise und Rechtecke weitere, auf den Kopf gestellte Buchstaben. Aus dem weltversic­hernden R-E-A-L schält sich so am Ende wieder Beliebigke­it: E-G-A-L.

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