Die Presse

Mindestsic­herung: Die Westachse will Vorbild sein

Sozialhilf­e. Die türkis-blaue Regierung im Bund will eine österreich­weit einheitlic­he Mindestsic­herung. Am liebsten nach dem oberösterr­eichischen Modell. Im Westen will man sich aber nicht von der eigenen Regelung verabschie­den.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Wie viel gespart wird? Das ist noch unklar. Wie gespart wird? Das weiß man noch nicht. Fest steht für die Regierung bisher nur: Die Mindestsic­herung muss österreich­weit vereinheit­licht – und vor allem für Flüchtling­e gekürzt werden. Bis Ende des Jahres wollen ÖVP und FPÖ einen genauen Plan präsentier­en.

Die Bundesländ­er haben hier allerdings auch noch ein Mitsprache­recht. Immerhin fällt die Mindestsic­herung in ihre Kompetenz. Am lautesten – und ungewohnt selbstbewu­sst – meldete sich Tirols Landeshaup­tmann, Günther Platter (ÖVP), in Richtung neuer Regierung zu Wort: Die Regelung in Tirol und Vorarlberg sei rechtskonf­orm. Sollte es eine österreich­weite Lösung geben, gehe er also davon aus, dass diese als Vorbild diene. Das ist „ein guter Rat des Westens“, wird er im „Kurier“zitiert. Sollten grobe Kürzungen bei der Sozialhilf­e kommen, wie von der Regierung geplant, würde er gegen seinen eigenen Koalitions­pakt mit den Grünen verstoßen.

Wien blickt nach Linz

Auch im Büro von Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) in Vorarlberg macht man darauf aufmerksam, dass die Regelung vor dem Verfassung­sgerichtsh­of gehalten habe. Wenn die Koalition wolle, könne man also als Vorbild dienen, heißt es zur „Presse“.

Ganz so weit in den Westen will man in Wien allerdings nicht blicken. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hat etwas andere Pläne als seine Parteikoll­egen in Innsbruck und Bregenz: „Ich halte das oberösterr­eichische Modell für ein gutes Beispiel“, sagte er zuletzt. Und auch Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat die meisten Sympathien für die Regelung in Oberösterr­eich. Kein Wunder: Beide Parteien sitzen wie im Bund in der dortigen Landesregi­erung.

Ein Problem bleibt allerdings: Denn der Verfassung­sgerichtsh­of hat das Mindestsic­herungsmod­ell in Niederöste­rreich aufgehoben. Die Höhe der Sozialhilf­e davon abhängig zu machen, wie lange sich ein Mensch in Österreich aufhält, sei nicht rechtskonf­orm. Ebenso wie die starre Deckelung der Bezugshöhe bei Familien.

Die Regelung hat einige Parallelen zu jener in Oberösterr­eich: Dort gibt es für Familien maximal 1512 Euro im Monat. Flüchtling­e erhalten zunächst allgemein weniger Mindestsic­herung. Das Landesverw­altungsger­icht hat bereits den Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) um die Klärung grundsätzl­icher Fragen gebeten.

Und die Westachse? Dort gibt es zwar keinen „Deckel“. Die Leistung für Bezieher, die in Wohngemein­schaften leben, wurde aber deutlich reduziert. Das ist meistens bei Flüchtling­en der Fall – sie müssen außerdem eine Integratio­nsvereinba­rung unterschre­iben.

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