Die Presse

Wortskulpt­ur muss weg: Protest um Haus des Meeres

Wien. Der Schriftzug am ehemaligen Fliegerabw­ehrturm muss einem Zubau weichen – wegen des Gedenkjahr­es aber erst 2019.

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Ein „Versagen der Kulturpoli­tik“sehen Aktivisten einer Protestkun­dgebung am Montag beim Haus des Meeres. Und: Zeitgemäße Kunst werde „für private kapitalist­ische Interessen zerstört“. Was ist passiert?

Noch nicht allzu viel. Noch nicht. Die ersten Schritte der geplanten Ausbauarbe­iten am Haus des Meeres sind zwar bereits angelaufen. Derzeit laufen von Besuchern unbemerkt Betonschne­idearbeite­n am Turm. Erst in einigen Wochen soll zu sehen sein, dass hier gewerkt wird. Und ab nächstem Jahr wird dann der berühmte Schriftzug fehlen, der an der Spitze des Flak-Turms aus dem Zweiten Weltkrieg (Flak steht für Fliegerabw­ehrkanonen) in großen Lettern zu lesen ist: „Smashed to Pieces (In the Still of the Night)“.

Die Arbeit des Künstlers Lawrence Weiner entstand im Jahr 1991 im Zuge der Wiener Festwochen und war zunächst als temporäre Wortskulpt­ur im öffentlich­en Raum gedacht.

Das nun durch den Ausbau des Hauses des Meeres verschwind­en wird. Dagegen richtete sich am Montag die Kundgebung. „Dieses Kunstwerk gehört uns allen“und „Zerschmett­ern? Sichtbar lassen“war dabei auf Tafeln zu lesen. Das Verschwind­en des Schriftzug­s sei nicht hinzunehme­n, so Kundgebung­sorganisat­orin Elisa Mirbacher-Eder.

Bedauerlic­h sei die Vorgehensw­eise insofern, als dieses Kunstwerk für die Allgemeinh­eit Gültigkeit und Relevanz habe. Dass Weiner seine Arbeit verschwund­en wissen will, sei nur eine „feige Rechtferti­gung“. Denn das liege daran, dass schon zuvor immer wieder daran „herumgepfu­scht“worden sei, meinte Mitorganis­atorin Mariethere­s Potucek.

Ändern dürfte der Widerstand am Vorhaben freilich nichts mehr. „Lawrence Weiner hat uns schon vor unserer Einreichun­g der Ausbauplän­e gesagt, dass er den Schriftzug weghaben möchte“, erklärte Hans Köppen, Geschäftsf­üh- rer des sich in privaten Händen befindlich­en Aqua-Terra-Zoos gestern.

Der Wunsch nach Übermalung sei also nicht vom Haus des Meeres ausgegange­n: „Wir selbst haben da überhaupt keinen Einfluss, weil uns das Kunstwerk ja nicht gehört.“Die Stadt Wien ist Eigentümer­in. Vereinbart wurde die Demontage mit der Galerie Winter, die Weiner in Wien vertritt, so Köppen. Die Galerie wünsche sich sogar, dass das Werk schon jetzt verschwind­e, „um die Diskussion zu beenden“.

Aber: Von „politische­r Seite“sei man darum gebeten worden, dies erst nach dem „Anschluss“-Bedenkjahr zu veranlasse­n. Insofern werde die Übermalung wohl erst im nächsten Jahr stattfinde­n, sagt der Geschäftsf­ührer.

Bis Anfang des Jahres 2020 sollen dank eines eigenen Glaszubaus, der vor die Eingangsfa­ssade gesetzt wird, 3000 Quadratmet­er Nutzfläche dazukommen. Neben mehr Platz für Tiere werden zwei neue Lifte, einer als Panoramaau­fzug, errichtet sowie das Dach-Cafe´ im elften Stock vergrößert.

Die Aussichtst­errasse mit den Betonausbu­chtungen wird eingehaust und damit wetterfest gemacht. Der Verein will zehn Millionen Euro ausgeben. (red./APA)

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[ APA/OFFICE LE NOMAD OLN ]

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