Klubzwang brüskiert den Wählerwillen
Wie ist jemand wählbar, der morgen das exakte Gegenteil von dem vertritt, was er noch gestern vertreten hat?
Anhand der Raucherdebatte und der damit zusammenhängenden Parlamentsvoten muss man sich fragen, ob man sich als Wähler von Abgeordneten vertreten lassen will, die „ein Rückgrat aufweisen wie ein Gartenschlauch“(© Neos-Parteichef Matthias Strolz) und die jedes Spurenelement einer eigenen Meinung dem Klubzwang unterordnen. Wie soll ich einen Vertreter des Volkes ernstnehmen, wenn dieser (oder diese) nicht nach eigenem Wissen und Gewissen, sondern nur schafartig nach Auftrag des Klubobmanns abstimmt?
Die gewählten Volksvertreter sollten idealerweise die Meinungsvielfalt der Wähler abbilden. Diese Vielfalt wird jedoch durch den Klubzwang auf eine einzige Meinung reduziert – und diese folgt dem Willen der Regierung, nicht dem Willen des Volkes.
Das Abstimmungsverhalten früherer und jetziger ÖVP-Abgeordneter verkommt zur Wählerbrüskierung. Ich kann nicht wissentlich jemanden wählen, der morgen das exakte Gegenteil von dem vertritt, was er noch vor Kurzem vertreten hat.
Die Gewaltentrennung zwischen Regierung und Parlament kann nur funktionieren, wenn der Klubzwang ersatzlos gestrichen wird. Wird die Erstellung der Listen für die Nationalratswahlen auf die demografischen Verhältnisse abgestimmt, ergibt sich automatisch eine gute Repräsentation des Bevölkerungswillens. Dann ist der Klubzwang – gelinde gesagt – eine Ohrfeige für den denkenden Wähler.
Das Problem ist nicht neu. Aber wenn die Demokratie ernst genommen werden will und sich gegen Änderungstendenzen in der Machtausübung wehren will, dann sollte eine weitblickende und mutige Regierung jetzt handeln. Aber Weitsicht und Mut von diesem Organ zu verlangen, ist wahrscheinlich eine Illusion!