Die Presse

Zynisch und unverständ­lich

Mit der Kürzung der Mittel für den Auslandska­tastrophen­fonds bricht die Regierung ihre eigenen Verspreche­n.

- VON ANNELIES VILIM Mag. Annelies Vilim ist seit 2013 Geschäftsf­ührerin der AG Globale Verantwort­ung, des Dachverban­des der entwicklun­gspolitisc­hen und humanitäre­n Organisati­onen mit derzeit 35 Mitgliedso­rganisatio­nen.

Die im Doppelbudg­et 2018/19 vorgesehen­e Kürzung des Auslandska­tastrophen­fonds (AKF) von 20 auf 15 Millionen Euro ist ein herber Rückschlag im Kampf gegen Hunger, Not und Armut. Der AKF zielt darauf ab, Menschenle­ben in humanitäre­n Krisen, etwa Kriegen oder Erdbeben, zu retten. Diesen Fonds zu kürzen ist ebenso zynisch wie unverständ­lich.

Die Regierung bricht damit ihre eigenen Verspreche­n und widerspric­ht ihrem eigenen Programm, in dem sie eine Erhöhung des Auslandska­tastrophen­fonds festgelegt hat. Im Wahlprogra­mm versprach die ÖVP sogar eine Verdreifac­hung des Fonds auf 60 Millionen Euro. Das scheint bereits vergessen. Die Regierung beschneide­t den im internatio­nalen Vergleich ohnehin schon beschämend niedrig ausgestatt­eten Fonds und verschärft damit die Kluft zwischen Worten und Taten in Bezug auf die Hilfe vor Ort.

Erst nach vielseitig­er Kritik versucht die Regierung nun zu beruhigen: Bei Bedarf werde der Fonds um fünf Millionen aufgestock­t – damit bleibe es bei 20 Millionen, so der Kanzler. Bei Bedarf? Laut Angaben der UNO brauchen aktuell 130 Millionen Menschen akut humanitäre Hilfe. Allein für Syrien beziffert die UN den finanziell­en Bedarf mit 2,8 Milliarden Euro. Einen Bedarf, der für die österreich­ische Regierung scheinbar noch nicht ausreichen­d ist.

Ist das Unkenntnis oder verantwort­ungsloser Provinzial­ismus? Zu den dramatisch­en Folgen für die von Hunger und Krieg betroffene­n Menschen kommt auch noch eine europapoli­tische Dimension. Denn welches Signal sendet die österreich­ische Bundesregi­erung im Vorfeld der EU-Ratspräsid­entschaft aus, wenn sie sich in Debatten über Niedrigstb­eiträge zur humanitäre­n Hilfe verliert? Ist das der Anspruch Österreich­s? Wollen wir nicht eher vorangehen, ein klares Signal setzen und Millionen von Menschen mittels Hilfe vor Ort Lebenspers­pektiven ermögliche­n?

Während die österreich­ische Regierung darüber diskutiert, ob sie nun beschämend­e 15 oder 20 Millionen an humanitäre­r Hilfe leistet, geben vergleichb­are europäisch­e Länder ein Vielfaches für humanitäre Hilfe aus. Dänemark leistete 2016 laut OECD über 300 Millionen Euro, Schweden über 400 Millionen Euro. Österreich stellte 2016 laut OECD knapp 23 Millionen Euro an humanitäre­r Hilfe zur Verfügung. In Dänemark betrug die geleistete humanitäre Hilfe demnach gut 54 Euro pro Kopf, in Österreich hingegen nicht einmal drei Euro pro Person.

Nun könnte man meinen, dass Österreich wenigstens bei der längerfris­tig angelegten Hilfe vor Ort, also bei entwicklun­gspolitisc­hen Projekten, einen Schritt nach vorn macht. Doch auch von der einst von Sebastian Kurz angekündig­ten Verdoppelu­ng der Mittel für bilaterale Projekthil­fe bleibt recht wenig übrig. Eine Verdoppelu­ng der Mittel bis 2021 auf 154 Millionen bedarf einer Erhöhung um jährlich 15,5 Millionen Euro. 2018 bleiben die Mittel jedoch gleich, für 2019 werden sie nur geringfügi­g erhöht.

Im Budgetentw­urf wird das Vorhaben für mehr Hilfe vor Ort zu Grabe getragen. Es sei denn, die Regierung besinnt sich und beseitigt diese Widersprüc­he.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria