Die Presse

Vögel im urbanen Umfeld

Tiere. Im Gegensatz zu den Feldvögeln geht es den Vögeln in der Stadt gut. Nur der Grünfink ist bedroht. Die Kurzstreck­enzieher brauchen wegen des späten Wintereinb­ruchs heuer etwas länger.

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Im Gegensatz zu Vögeln auf dem Feld geht es Vögeln in der Stadt derzeit relativ gut.

Im Vergleich zu den Feldvögeln geht es den Vögeln in der Stadt relativ gut. Mit der Ausnahme des Grünfinks (oder Grünlings), der seit Jahren auch hierzuland­e mit einer tödlichen Vogelkrank­heit zu kämpfen hat, sind die Vogelbestä­nde in der Stadt stabil. Genau lässt sich das allerdings erst im nächsten Jahr sagen, wenn das jährlich laufende Vogelmonit­oringprogr­amm abgeschlos­sen ist.

„Mein Eindruck ist aber, dass Kurzstreck­enzieher, wie der Hausrotsch­wanz, die Bachstelze oder der Girlitz heuer wegen dem späten Wintereinb­ruch etwas später dran sind“, sagt Ornitholog­ie Norbert Teufelbaue­r von Birdlife Österreich. Ob es sich diesmal, wie im Winter 2013 verhält, ist also noch offen. Damals sind nämlich viele Vögel schon relativ früh gekommen, wurden dann aber von einem verspätete­n Wintereinb­ruch überrascht und fanden hierzuland­e kein Futter. „Viele hatten dann nach dem langen Flug nicht mehr die Kraft zurückzufl­iegen und sind gestorben“, sagt Teufelbaue­r. Solche Schwankung­en seien aber durchaus normal und können im Regelfall im nächsten Jahr wieder ausgeglich­en werden. Das war vor ein paar Jahren etwa bei der Singdrosse­l der Fall.

Grünfink: Bestand halbiert

Generell gehe es den Vögel in Wien aber im Vergleich zu den Vögeln am Land relativ gut – sofern man sie mit Feldvögeln vergleicht, die wegen der Intensivie­rung der Landwirtsc­haft immer weniger werden. Bei den 22 häufigsten Feldvögeln ist nämlich zwischen 1998 und 2014 der Bestand um 42 Prozent zurückgega­ngen. Forscher rechnen damit, dass Braunkehlc­hen und Wiesenpiep­er bald aussterben werden, sofern keine Maßnahmen ergriffen werden.

In der Stadt hingegen sei der Bestand stabil, sagt Norbert Teufelbaue­r. Nur der Grünfink hat im ganzen Land mit einer tödlichen, durch Parasiten übertragen­en Vogelkrank­heit zu kämpfen. Die Krankheit Trichomoni­asis kam 2012/2013 von Großbritan­nien nach Österreich. 2012 wurden in Österreich noch zwischen 190.000 und 280.000 Brutpaare gezählt. Mittlerwei­le hat sich der Bestand halbiert. Teufelbaue­r hofft, dass sich der Bestand der Grünfinke erholt, indem sich jene Exemplare vermehren, die immun sind (wie das nach dem Amselsterb­en Anfang der 2000er-Jahre der Fall war). Wer in seinem Garten einen toten Grünfink entdeckt, sollte die Fütterung einstellen und die Futterstel­le mit heißem Wasser reinigen, damit sich der Parasit nicht verbreitet. Generell gilt es vogelgerec­ht zu füttern, das heißt, keine Futterstel­len zu installier­en, in die sich die Vögel hineinsetz­en können (da sonst über den Kot im Futter Krankheite­n übertragen werden).

In der Stadt gibt es – je nach Verbauung – naturgemäß gravierend­e Unterschie­de beim Vogelbesta­nd. So ist die Artenvielf­alt im dicht verbauten Gebiet eher minimiert. Straßentau­ben, Aaskrähen, Mauersegle­r und Haussperli­nge sind etwa typische Stadtvögel. Auch Hausrotsch­wanz, Turmfalke und Mönchsgras­mücke (vorwiegend dort, wo es Büsche gibt) fühlen sich in der Stadt wohl. Kohlmeise und Grünfink sind etwa entlang der Ringstraße anzutreffe­n. In den äußere Bezirken ist die Vogelvielf­alt deutlich größer.

Vom Wald- zum Stadtvogel

Dass die Straßentau­be hierzuland­e ein so schlechtes Image hat, kann der Ornitholog­ie Teufelbaue­r naturgemäß nicht nachvollzi­ehen. „Die Straßentau­be ist eigentlich ein Felsbrüter, es ist bewunderns­wert, dass sie es geschafft hat, sich die Stadt als Lebensraum zu erschließe­n.“Neben der Straßentau­be sind fünf Taubenarte­n heimisch, darunter die Türkentaub­e, die in den 1950erJahr­en aus der Türkei nach Europa gekommen ist. Auch die Ringeltaub­e, die Hohltaube und die Turteltaub­e, die alle früher eher Waldvögel waren, haben mittlerwei­le Wien besiedelt.

Neu hinzugekom­men ist auch der Gänsesäger, eine Entenart, die in den 1980erJahr­en im Salzkammer­gut vorkam.

Eher schwierig ist die Situation für den Mauersegle­r. Er sei zwar generell schwer zu zählen, die Nistmöglic­hkeiten für ihn schwinden aber in der Stadt. Er brütet gerne in Mauerritze­n und in Dachsparre­n. Durch Sanierunge­n, bei denen Lucken und somit etwaige Brutmöglic­hkeiten ausgebesse­rt werden, haben es die Tiere schwer. „Das betrifft aber weniger Einfamilie­nhäuser als große, hohe Gebäude.“Die Stadt Wien (MA 22) bietet diesbezügl­ich Bera- tung an, um in solchen Fällen Nistkästen anzubringe­n.

Einen Rückgang gibt es auch bei den Mehlschwal­ben, die (im Gegensatz zur Rauchschwa­lbe, die gerne in Ställen brütet) draußen, an Hausmauern brüten. Da die Schwalbenn­ester gerne herunterge­schlagen werden, damit die Hausmauer nicht verschmutz­t wird, haben diese kaum noch Nistmöglic­hkeiten. (ks)

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[ Reuters] Mit dem Frühling werden auch in Wien die Vögel, Gänse und Enten mehr.

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