Der Landesvater mit dem Sparstift
Oberösterreich. Seit einem Jahr steht Thomas Stelzer an der Spitze des Landes. Mittlerweile wird er akzeptiert, aber auch viel kritisiert. Und er versucht, sich von seinem Vorgänger abzugrenzen.
Landauf, landab begegnet den Oberösterreichern derzeit ihr Landeshauptmann. Denn Thomas Stelzer (ÖVP) hat rechtzeitig zu seinem einjährigen Amtsjubiläum sein Porträt mit dem Slogan „Land der Möglichkeiten“auf die Plakatwände kleben lassen. Dabei haben sich die Oberösterreicher nach 22-jähriger Pühringer-Ära ohnehin schon an den neuen Landeshauptmann gewöhnt.
Stelzer hat sich schnell in der neuen Rolle zurechtgefunden. Parteiinterne Umfragen attestierten ihm kürzlich große Zustimmung in der Bevölkerung. 73 Prozent haben demnach eine gute Meinung vom neuen Landeshauptmann. Und selbst politische Gegner gestehen ihm zu: „Er hat einen eigenen, neuen Kurs eingeschlagen.“Doch genau der polarisiert. Dabei geht es allen voran um die schwarz-blaue Budgetpolitik. In Oberösterreich wurde der Sparstift angesetzt. Für besonders große Aufregung haben die Kürzungen im Kulturbereich und die Wiedereinführung der Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten gesorgt. Demonstrationen inklusive.
Davon zeigte sich der 51-Jährige nur wenig beeindruckt und hielt an den Sparmaßnahmen fest. Diese „Härte und Schärfe“hätte, wie es Grünen-Landessprecherin Maria Buchmayr formuliert, Josef Pühringer nicht gehabt. Stelzer sei, sagt auch SPÖ-Landesgeschäftsführerin Bettina Stadlbauer, „ein eiskalter Rechner“. Im Gegensatz zu Pühringer, der oft als Landesvater bezeichnet wurde, fehle ihm das Gespür für Menschen. Die ÖVP setzt dem eine Umfrage entgegen: Drei Viertel der Oberösterreicher hielten die „Null Schulden“-Politik samt Sparmaßnahmen für „sehr beziehungsweise eher richtig“.
Doch auch in den eigenen Reihen wird diskutiert. „Nach der ersten Euphorie kommen viele nun in der Realität an“, sagt ein Parteiinsider. Oft sei Stelzer zu wenig konsensorientiert, handle zum Teil zu schnell und wolle oft zu viel – etwa bei den Beamtengehaltsverhandlungen. Die vom Bund paktierte Gehaltserhöhung von 2,33 Prozent wollte der Landeshauptmann ursprünglich nicht mittragen. Ein „schwaches Prozent“stellte er in Aussicht. Schließlich wurden es für die meisten Landesbediensteten aber ohnehin 2,33 Prozent.
Stelzer versucht, sich als Landeshauptmann des Typs Manager und Aufräumer zu inszenieren: jung, dynamisch und voller Tatendrang. Er verspricht Oberösterreich „zum Land der Möglichkeiten“zu machen und einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik herbeizuführen. Indirekt ist das freilich ein Vorwurf an seinen Vorgänger. Immerhin impliziert es, dass Pühringer das nicht (ganz) gelungen ist. „Dass sich Stelzer symbo- lisch so stark von Pühringer abgrenzen will, hat schon zu so mancher Diskussion geführt“, erzählt ein ÖVP-Mitglied. Auch ein Gerücht über eine lautstarke Auseinandersetzung kursiert. Pühringer dürften auch die Kürzungen im Kulturbereich „weh getan“haben. Andere wiederum erzählen von einer „ungebrochen exzellenten Chemie“zwischen den beiden. Nicht umsonst habe sich Pühringer Stelzer als Nachfolger ausgesucht.
Ein guter Draht wurde Stelzer von Beginn an zum Koalitionspartner FPÖ attestiert. Die Kommunikation sei, wie es dort heißt, intensiver als noch in Pühringers Amtszeit. Schwarz-Blau gefiel sich in der Vorbildrolle für den Bund.
Apropos: Die Beziehung zwischen Landes- und Bundesparteichef ist auch eine spannende. Sie war so gut, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz Stelzer bei der türkisen Neuaufstellung der Partei zu einem seiner Stellvertreter machte. Später, als die Oberösterreicher bei der Verteilung der Ministerposten leer ausgingen, wurde sie etwas getrübt. Zwischenzeitlich sei das „Verhältnis Kurz/Stelzer deutlich abgekühlt“, heißt es. Dann habe es eine Aussprache gegeben. In den nächsten Monaten wird das Verhältnis auf weitere Proben gestellt. Es wird einen harten Verteilungskampf zwischen Bund und Ländern geben – sowohl bei der Kostenübernahme beim Pflegeregress als auch bei der geplanten Kassenfusion.