„Da ist irrsinnig viel Unwissenheit in der Kritik“
Sozialministerium. Die neue Generalsekretärin, Helena Guggenbichler, über die geplante Auflösung der AUVA, Synergieeffekte in ihrem Doppelressort, ihr Verhältnis zur FPÖ und dem Burschenschafter-Ball, den ihr Mann organisiert.
Die Presse: Sie waren bisher nicht politisch aktiv – und auch nicht mit den Themen des Sozialministeriums befasst. Warum sitzen Sie nun hier? Helena Guggenbichler: Ich habe 16 Jahre lang in internationalen Unternehmen in Führungspositionen gearbeitet – etwa bei Hewlett Packard. Was ich da getan habe, war Veränderungsmanagement. Die Zusammenlegung von Unternehmen, Umstrukturierungen, Neuorganisation. Ich habe auf der einen Seite geschaut, was sind die Systeme, die eine Organisation zum Arbeiten braucht. Und auf der anderen, wie können Systeme kundenfreundlich gemacht werden. Das ist etwas, was wir hier jetzt auch brauchen. Zwei große Ministerien, das Sozial- und das Gesundheitsministerium, werden zusammengeführt.
Kannten Sie Ministerin Beate Hartinger-Klein vorher? Nein, nicht persönlich. Ich kannte den Kabinettschef ganz gut, der meine Arbeit kannte. Er hat mich der Ministerin vorgeschlagen, es gab daraufhin längere Gespräche, und es klang für mich stimmig.
Sie sitzen nun auf einem FPÖ-Ticket in einem durch und durch roten Ministerium. Ich glaube, da tut man den Beamten unrecht. Ich erwarte Professionalität. Und ich finde, die gibt es hier auch. Es gibt ein Regierungsprogramm, das hat Ziele, und die wollen wir umsetzen – gemeinsam mit den Beamten. Ich suche nun mit jedem Sektionschef den Dialog. Bis jetzt erlebe ich ein sehr konstruktives Verhalten.
In drei Sektionen werden nun Führungspositionen frei – wollen Sie Sektionen zusammenlegen? Wie die Struktur aussehen wird, wo die größten Synergien sind, was wir tun werden, werde ich mit den Sektionschefs gemeinsam definieren. Für mich ist das eine Frage des Respekts gegenüber den Leuten hier im Haus, dass sie es nicht zuerst aus den Medien erfahren.
Wie sehen die Sparvorgaben aus? Es gibt die Personalvorgaben, die für alle Ministerien gelten: Näm- lich nur jede dritte Planstelle darf künftig bei Abgängen und Pensionierungen nachbesetzt werden. Wir haben eine überalterte Struktur in manchen Abteilungen und müssen das in Betracht ziehen.
Was halten Sie eigentlich von den zwei Standorten, jenem des Sozial- und des Gesundheitsministeriums? So weit sind sie nicht voneinander entfernt. Sie können über die Brücke gehen, das geht sich aus.
Es heißt auch, Sie würden Mitarbeiter von außen mitbringen, einen ganzen Stab mit 15 Leuten. Stimmt das? Wenn Sie sie kennen, schicken Sie sie mir rüber. Nein, ich weiß nichts von einem ganzen Stab, den ich mitbringen sollte.
Aber bringen Sie Leute mit? Wir werden wahrscheinlich zwei Stellen ausschreiben. Ich freue mich über internes Know-how, denn im Haus gibt es sehr viele gute Leute. Aber es gibt eben auch Expertise von extern. Ich würde mich freuen, wenn es ein gemisch- tes Doppel wird. Aber hauptsächlich werde ich mit den Sektionen hier arbeiten. Das sind meine Hauptansprechpartner.
Derzeit ist es so, dass die Ministerbüros immer größer werden, auf der anderen Seite jedoch gibt es Personaleinsparungen. Finden Sie das fair? Das sind völlig verschiedene Sachen. Wir haben hier ein Kabinett für das Sozial- und das Gesundheitsministerium gemeinsam, das sind nicht viel mehr Leute als früher.
Ihre Ministerin will die AUVA auflösen – auch der Ex-SPÖ-Sozialminister Alois Stöger wollte das schon. Die ÖVP war damals massiv dagegen. Wird der Koalitionspartner das mittragen? Da müssen Sie ein Interview mit der Ministerin machen. Ich werde nicht an ihr vorbeikommunizieren.
Was halten Sie von der Idee? Ich halte dann etwas davon, wenn ich die konkreten Zahlen gesehen habe. Das muss ich mir zuerst anschauen. Und haben Sie sich zum AMS schon eine Meinung gebildet? Ich werde auf das Gespräch am 18. April warten, wenn sich die wichtigen Player treffen.
Kommen wir zu Ihrem politischen Weltbild: Sie sind nicht Mitglied der FPÖ. Würden Sie sich trotzdem als Freiheitliche bezeichnen? Nein, ich bin nicht Mitglied der FPÖ, aber FPÖ-nahe. Ich kann mit dem Regierungsprogramm sehr gut leben, mit vielen Positionen der FPÖ. Ich identifiziere mich mit dem freiheitlichen Wirtschaftsprogramm, da kann ich voll dahinterstehen. Auch beim Bildungsprogramm. Und auch beim Sozialund Gesundheitsbereich, der Schwerpunkt Pflege ist mir da sehr wichtig.
Die restriktiven Positionen in der Zuwanderungspolitik teilen Sie wahrscheinlich auch? Ich bin sehr für Eigenverantwortung. Meine Eltern waren im Entwicklungshilfebereich tätig – sie waren in den 1960er-Jahren in Kolumbien. Hilfe zur Selbsthilfe – das habe ich von daheim mitbekommen. Ein Land kann sich nicht selbst wieder aufbauen, wenn die Leute alle den Anreiz haben wegzugehen. Deswegen finde ich es auch unfair, wenn wir so viele Anreize geben.
Ein Imageproblem dieser türkisblauen Regierung sind die Burschenschafter. Ihr Mann, Udo Guggenbichler, ist der Organisator des Akademikerballs alias Burschenschafterball. Wie gehen Sie damit um? Ich habe damit kein Problem.
Das dachten wir uns. Aber verstehen Sie die Kritik an den Burschenschaften? Mich stört die Pauschalisierung. Das ist etwas, was ich prinzipiell nicht besonders mag. Und außerdem, dass irrsinnig viel Unwissenheit in der Kritik ist. Die Kritiker nehmen sich auch nicht die Zeit, persönlich mit einem zu reden. Das ist schade.
Sehen Sie auch problematische Seiten an den Burschenschaften? Zuletzt gab es die Affäre um die Liederbücher. Ist das dort nach wie vor gang und gäbe, oder sind das Einzelfälle? Das ist sicher nicht gang und gäbe. Ich habe so etwas nie mitbekommen. Ich bin logischerweise nicht jeden Tag bei jeder Burschenschaft im Haus, aber ich habe so eine Geisteshaltung bei allen, die ich kenne, nie wahrgenommen.
Das heißt, Sie teilen die Aussagen von FPÖ-Chef Strache auf dem Akademikerball . . . Dass es keinen Platz für Antisemitismus und Rassismus gibt. Ja, da stehe ich völlig dahinter. Deswegen bin ich ja auch gegen Pauschalisierungen. Auch Rassismus ist immer eine sehr große Pauschalisierung. Und eine sehr ungerechte.
(38) wurde in Österreich geboren und wuchs in München auf, studierte Betriebswirtschaft in Madrid und Wien. Sie arbeitete in internationalen Unternehmen (u. a. Hewlett Packard, ABB) in Führungspositionen. Als Generalsekretärin ist sie sämtlichen Sektionen und deren Chefs mit Weisungsrecht übergeordnet.