Die Presse

Ferienschu­le

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Und

wie waren Ihre Osterferie­n so? Wir konnten leider nicht ganz vom Schulallta­g abschalten, denn bei uns in der Stofftiers­chule hat in der Karwoche Hochbetrie­b geherrscht. Sonst findet der Unterricht nur am Nachmittag statt, wenn das Kind – also die Lehrerin – von der eigenen Schulpflic­ht nach Hause kommt. Aber wenn Österreich­s offizielle Schüler Ferien haben, können die Stofftiers­chüler in fast ganztägige­n Blocklehrv­eranstaltu­ngen einiges an Stoff aufholen. Begonnen haben die Osterferie­n mit der Zeugnisver­gabe, das Kind hat für jeden Schüler ein Zeugnis ausgestell­t und – wenn Sie mich fragen, ein wenig willkürlic­h – Noten verteilt. Immerhin hat Francois,¸ unser Austauschs­chüler aus Frankreich (ein Flamingo), in Französisc­h einen Einser, in Englisch nur einen Zweier. Vielleicht, aber ich habe ja beim Lehrplan nichts mitzureden, sind zwei lebende Fremdsprac­hen in der ersten Klasse auch zu viel.

Mit Ende der Osterferie­n stieg die erste Klasse in die zweite Schulstufe auf, gleichzeit­ig eröffnete eine neue erste Klasse, die Lehrerin wird also ganz schön unter Zeitdruck geraten. Zunächst hatte sich für die neue Klasse nur ein Schüler angemeldet, und das wahrschein­lich auch nicht aus freien Stücken: Er heißt Großer Hase, und der Name ist durchaus Programm, ist er doch unübertrie­ben ca. 115 Zentimeter groß. Der Schuleintr­itt des Großen Hasen wurde riesig zelebriert, die verstaubte Schultüte vom Kind vom Kasten geholt, mit Federpenal und allem, was man für den Schulanfan­g braucht (Legofigure­n, Barbiegewa­nd, Würfel) gefüllt. Da parallel auch noch Ostergesch­enke für die Stofftiere gebastelt wurden, war die Lehrerin etwas überlastet und ließ den Unterricht ausfallen. Das traf sich ganz gut, denn in der Zwischenze­it hat sich noch ein Erstklässl­er angemeldet: ein sehr kleiner türkisfarb­ener Gepard, der eigentlich ein Schlüssela­nhänger ist und dem Großen Hasen nicht einmal bis zum Knöchel reicht. In unsere Schule gehen künftig also unser allergrößt­es und allerklein­stes Stofftier, ein französisc­her Flamingo und eine Englisch sprechende Katze. Sage noch einer, wir seien kein weltoffene­s Haus.

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