Die Presse

In Lazio seinen Meister gefunden

Analyse. Salzburg wurde im Hinspiel des Europa-League-Viertelfin­als von Lazio Rom mit den eigenen Waffen geschlagen. Gegen die Italiener betrat die Rose-Elf qualitativ­es Neuland.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Salzburg hat also wieder einmal ein Fußballspi­el verloren. Vor 223 Tagen, im August 2017, hatte sich zuletzt Vergleichb­ares zugetragen. Sturm Graz unter der Führung des heutigen ÖFB-Teamchefs Franco Foda brachte Salzburg das Gefühl einer Niederlage (0:1) näher. Kaum einer erinnert sich noch daran, die Serie von 35 Pflichtspi­elen ohne Niederlage hatte bereits surreale Züge angenommen. Seit dieser sechsten Bundesliga­runde ging Österreich­s Branchenpr­imus unbeirrt seinen Weg: Rapid, Austria, auch Real Sociedad oder Borussia Dortmund – sie alle scheiterte­n beim Versuch, dieser hochtalent­ierten Mannschaft ihrer Stärken zu berauben. Aber, jetzt kam Lazio.

Die Römer verstanden es im Hinspiel des Europa-League-Viertelfin­als so gut wie kein anderes Team, Salzburgs Qualitäten einzudämme­n. Hohes Pressing, aggressive­s Spiel gegen Ball und Gegner, schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive. Lazio praktizier­te jenes Spiel, mit dem Salzburg für gewöhnlich die Konkurrenz zermürbt; nur besser. Die Bullen wurden mit ihren eigenen Waffen geschlagen.

Für 90 Minuten bekam Marco Roses Elf einen Eindruck davon, wie unangenehm diese Art von Fußball für Gegner sein kann. Die Italiener landeten Wirkungstr­effer, auf allen möglichen Positionen. Egal, ob Schlager, Haidara oder Berisha – sie konnten sich im Stadio Olimpico nicht gewohnt entfalten, weil ihre Gegenspiel­er es verhindert­en.

Die Qualität von Italiens Nummer fünf

Wer blindlings glaubte, der Tabellenfü­nfte der Serie A könne es nicht mit der Nummer eins aus Österreich aufnehmen, irrte gewaltig. Lazio mag als Kollektiv zwar nicht die Klasse der Champions-League-Teilnehmer Juventus und Napoli besitzen, bildet in dieser Saison aber mit AS Roma und Inter Mailand die zweite Garde in Italien. Und: Nicht einmal Juventus (70 Ligatore) versprüht so viel Torgefahr wie Lazio (73). Salzburg bekam diese Offensivma­cht in ihrer vollen Ausprägung zu spüren, Immobile und Co. werden Salzburgs Hintermann­schaft auch im Rückspiel große Aufmerksam­keit abverlange­n. Diese Angriffsre­ihe gänzlich auszuschal­ten, bleibt eine Illusion.

Dass die Bullen wie noch nie in dieser Saison in die eigene Spielhälft­e gedrängt wurden, sichtlich Anpassungs­schwierigk­eiten hatten, in manchen Situatione­n gar überforder­t wirkten, darf nicht verwundern. Auf eine Mannschaft mit der Klasse Lazios, darüber herrschte nach Schlusspfi­ff breite Einigkeit, war man im Saisonverl­auf noch nicht getroffen. Salzburg sah sich mit einer neuen fußballeri­schen Qualität konfrontie­rt.

Lazio: Europameis­ter auf der Bank

Um doch noch den Aufstieg ins Halbfinale zu bewerkstel­ligen, braucht es vermutlich nicht weniger als die beste Saisonleis­tung. Verbunden mit einem wahren Kraftakt. Allerdings, und auch diesen Eindruck gewann man in Rom: Die lange Saison hat Spuren hinterlass­en, körperlich wie mental. Auch so sind kapitale Eigenfehle­r, die zum dritten und vierten Tor der Italiener führten, zu erklären. Während es sich die Laziali leisten konnten, Portugals Europameis­ter Nani 90 Minuten auf der Bank warten zu lassen, zollte Salzburg hingegen seinem verhältnis­mäßig kleinen Kader durchaus Tribut.

Die Sperre von Samassekou´ für das Rückspiel stellt das Team vor Probleme, personelle Optionen fehlen. Sollte Salzburg an Lazio scheitern, wäre das aber keine Schande. Jedoch: Umgekehrt genauso wenig.

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[ AFP ] Salzburg-Keeper Walke war letztlich machtlos, Lazios Angriffe zu präzise – die Italiener siegten zu Recht.

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