In Lazio seinen Meister gefunden
Analyse. Salzburg wurde im Hinspiel des Europa-League-Viertelfinals von Lazio Rom mit den eigenen Waffen geschlagen. Gegen die Italiener betrat die Rose-Elf qualitatives Neuland.
Salzburg hat also wieder einmal ein Fußballspiel verloren. Vor 223 Tagen, im August 2017, hatte sich zuletzt Vergleichbares zugetragen. Sturm Graz unter der Führung des heutigen ÖFB-Teamchefs Franco Foda brachte Salzburg das Gefühl einer Niederlage (0:1) näher. Kaum einer erinnert sich noch daran, die Serie von 35 Pflichtspielen ohne Niederlage hatte bereits surreale Züge angenommen. Seit dieser sechsten Bundesligarunde ging Österreichs Branchenprimus unbeirrt seinen Weg: Rapid, Austria, auch Real Sociedad oder Borussia Dortmund – sie alle scheiterten beim Versuch, dieser hochtalentierten Mannschaft ihrer Stärken zu berauben. Aber, jetzt kam Lazio.
Die Römer verstanden es im Hinspiel des Europa-League-Viertelfinals so gut wie kein anderes Team, Salzburgs Qualitäten einzudämmen. Hohes Pressing, aggressives Spiel gegen Ball und Gegner, schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive. Lazio praktizierte jenes Spiel, mit dem Salzburg für gewöhnlich die Konkurrenz zermürbt; nur besser. Die Bullen wurden mit ihren eigenen Waffen geschlagen.
Für 90 Minuten bekam Marco Roses Elf einen Eindruck davon, wie unangenehm diese Art von Fußball für Gegner sein kann. Die Italiener landeten Wirkungstreffer, auf allen möglichen Positionen. Egal, ob Schlager, Haidara oder Berisha – sie konnten sich im Stadio Olimpico nicht gewohnt entfalten, weil ihre Gegenspieler es verhinderten.
Die Qualität von Italiens Nummer fünf
Wer blindlings glaubte, der Tabellenfünfte der Serie A könne es nicht mit der Nummer eins aus Österreich aufnehmen, irrte gewaltig. Lazio mag als Kollektiv zwar nicht die Klasse der Champions-League-Teilnehmer Juventus und Napoli besitzen, bildet in dieser Saison aber mit AS Roma und Inter Mailand die zweite Garde in Italien. Und: Nicht einmal Juventus (70 Ligatore) versprüht so viel Torgefahr wie Lazio (73). Salzburg bekam diese Offensivmacht in ihrer vollen Ausprägung zu spüren, Immobile und Co. werden Salzburgs Hintermannschaft auch im Rückspiel große Aufmerksamkeit abverlangen. Diese Angriffsreihe gänzlich auszuschalten, bleibt eine Illusion.
Dass die Bullen wie noch nie in dieser Saison in die eigene Spielhälfte gedrängt wurden, sichtlich Anpassungsschwierigkeiten hatten, in manchen Situationen gar überfordert wirkten, darf nicht verwundern. Auf eine Mannschaft mit der Klasse Lazios, darüber herrschte nach Schlusspfiff breite Einigkeit, war man im Saisonverlauf noch nicht getroffen. Salzburg sah sich mit einer neuen fußballerischen Qualität konfrontiert.
Lazio: Europameister auf der Bank
Um doch noch den Aufstieg ins Halbfinale zu bewerkstelligen, braucht es vermutlich nicht weniger als die beste Saisonleistung. Verbunden mit einem wahren Kraftakt. Allerdings, und auch diesen Eindruck gewann man in Rom: Die lange Saison hat Spuren hinterlassen, körperlich wie mental. Auch so sind kapitale Eigenfehler, die zum dritten und vierten Tor der Italiener führten, zu erklären. Während es sich die Laziali leisten konnten, Portugals Europameister Nani 90 Minuten auf der Bank warten zu lassen, zollte Salzburg hingegen seinem verhältnismäßig kleinen Kader durchaus Tribut.
Die Sperre von Samassekou´ für das Rückspiel stellt das Team vor Probleme, personelle Optionen fehlen. Sollte Salzburg an Lazio scheitern, wäre das aber keine Schande. Jedoch: Umgekehrt genauso wenig.