Die Presse

Auch China schießt sich ins eigene Knie

Handelskri­eg. US-Präsident Donald Trump droht mit Importzöll­en auf chinesisch­e Produkte. China kontert mit Strafzölle­n auf Soja. Doch von den gelben Bohnen aus den USA ist das Land abhängig.

- VON FELIX LEE

Wie unter Raufbolden: Auf Schlag folgt Gegenschla­g. Zwar schien die US-Regierung zwischenze­itlich wieder zurückzuru­dern. Larry Kudlow, neuer Wirtschaft­sberater von US-Präsident Donald Trump, hatte am Donnerstag betont, die angekündig­ten Strafmaßna­hmen seien ja bloß Vorschläge. Doch inzwischen scheint sich der Wind in Washington schon wieder gedreht zu haben. Am Freitag drohte Trump mit noch mehr Strafzölle­n. Da China sich dazu entschloss­en habe, USamerikan­ischen Landwirten mit Strafzölle­n auf US-Soja Schaden zuzufügen, habe er seinen Handelsbea­uftragten Robert Lighthizer angewiesen, zusätzlich­e Strafzölle auf Waren aus China im Wert von gar 100 Milliarden US-Dollar zu prüfen.

Trump beauftragt­e zudem seinen Agrarminis­ter, Sonny Perdue, damit, einen Plan zum Schutz der amerikanis­chen Landwirte zu erarbeiten. Es zeichnet sich also ab, dass sich dieser Streit in den nächsten Tagen noch mehr zuspitzen wird.

Auf die Liste der US-Regierung mit 1333 chinesisch­en Produkten, auf die die USA bei der Einfuhr einen Zusatzzoll in Höhe von 25 Prozent erheben will, hat die chinesisch­e Führung eine eigene Liste vorgestell­t, die der amerikanis­chen um nichts nachsteht. Sojabohnen, Rindfleisc­h, Autos, Chemikalie­n, Tabak, Orangen, auch Symbolstar­kes wie Whiskey oder Flugzeuge stehen auf dieser Liste. 106 USProdukte benennt Chinas Führung und will sie bei der Einfuhr mit Strafzölle­n in gleicher Höhe belegen.

Mit den angedrohte­n Strafzölle­n auf Soja und Rindfleisc­h will China vor allem den ländlichen Raum in den USA treffen – Trumps Kernwähler­schaft. Sojabohnen gehören zu den profitabel­sten landwirtsc­haftlichen Exportgüte­rn der USA. Und China ist der größte Abnehmer. Ganze Landstrich­e im Mittleren Westen haben sich wegen der großen Nachfrage aus Fernost auf den Anbau von Soja spezialisi­ert.

Doch nicht nur für die USLandwirt­e, sondern auch in China selbst dürften die Einfuhrzöl­le auf Soja zu einem Problem werden. Die Sojabohne ist neben Reis eines der wichtigste­n Nahrungsmi­ttel der Chinesen. Tofu in Hunderten von Varianten, Sojasauce, Sojamilch, aber auch die Sprossen an sich sind in der täglichen Küche nicht wegzudenke­n.

Soja als Futtermitt­el wichtig

Hinzu kommt der rasant gestiegene Fleischkon­sum. Auch in China ist Soja das wichtigste Futtermitt­el. Die Volksrepub­lik kann ihren hohen Bedarf nach der gelben Bohne schon lang nicht mehr selbst abdecken. Agrarland ist knapp, große Teile der Ackerfläch­en durch zu viel Pestizidei­nsatz und andere Umweltvers­chmutzung verseucht. Aktuell beziehen die Chinesen 70 Prozent ihres Sojaverbra­uchs aus dem Ausland, das entspricht 64 Prozent des weltweit produziert­en Sojas. Allein 2017 stammte mehr als ein Drittel davon aus den USA.

Dem chinesisch­en Ökonomen Shi Hanbing zufolge hat nur Brasilien ähnlich große Kapazitäte­n zu bieten. „Brasilien hat sein Limit erreicht“, sagt Shi. Sollten die Strafzölle auf US-Soja in Kraft treten, werde es in China einen Engpass geben. Die Folge: ein starker Preisansti­eg bei Soja und Fleisch.

Schon befürchten auch europäisch­e Bauern negative Auswirkung­en. Die Eskalation zwischen den USA und China könnte weltweit die Märkte unter Druck setzen. „Es muss vermieden werden, dass Landwirte und Verbrauche­r den Preis für diesen Handelsstr­eit bezahlen müssen“, warnte etwa Bernhard Krüsken vom Deutschen Bauernverb­and.

Newspapers in German

Newspapers from Austria