Warum hat Fleisch unterschiedliche Farben?
Genetik, Alter, chemische Prozesse und anderes beeinflussen, wie Fleisch aussieht. Mitunter verändern aber auch Lichteffekte den Eindruck.
Wenn Fleisch grünlich schimmert, kann das ganz unterschiedliche Ursachen haben. Vielleicht irisiert Licht am Lebensmittel – ein Lichtbrechungsphänomen, wie man es auch von Seifenblasen oder CDs kennt –, vielleicht ist es aber tatsächlich verdorben und hat daher die Farbe verändert. Denn neben der unterschiedlichen Genetik von Geflügel, Schweinen oder Wild beeinflussen vielfältige physikalische und chemische Phänomene, wie Fleisch auf uns wirkt.
„Die Farbe wird durch ein Zusammenspiel von Absorption (Abschwächung, Anm.) und Reflexion von Licht bestimmt“, erklärt Frans Smulders, der das Institut für Fleischhygiene, Fleischtechnologie und Lebensmittelwissenschaften der Vet-Med-Uni lei- tet. Je mehr Pigmente im Muskel vorhanden sind, desto mehr Licht wird absorbiert – das Fleisch wirkt dunkler. Und je mehr Wasser sich an der Oberfläche der Muskelzelle befindet, desto mehr Licht wird reflektiert – das Fleisch erscheint blasser.
Myoglobin ist ein Muskelpigment, das Licht absorbiert, ältere Tiere haben mehr davon als jüngere. Daher wirkt das Fleisch ausgewachsener Rinder dunkler als das von Kälbern. Dass blasses Fleisch von jungen Tieren kommen muss, ist aber ein Trugschluss. Denn auch die Lagerung verändert die Farbe.
Zwar reagiert das Myoglobin bei unverpacktem Fleisch zunächst mit Sauerstoff aus der Umgebung, dadurch entsteht Oxymyoglobin und damit die vom Konsumenten nachgefragte leuchtend rote Fleischfarbe. Ist weniger Sauerstoff vorhanden, wird mehr Metmyoglobin gebildet, und das Fleisch färbt sich, wenig ansprechend, graubraun. Das versuche die Fleischindustrie mit sauerstoffhaltigen Gasverpackungen zu kontrollieren, so Smulders. Außerdem hemme das darin verwendete Kohlendioxid das Bakterienwachstum: Das Fleisch bleibt optisch attraktiv und zugleich bakteriologisch sicher.
Jahrhundertealter Irrglaube
„Der Glaube, dass blasses Fleisch von jungen Tieren stammt und damit zarter ist, hält sich seit Jahrhunderten im Handel und bei Konsumenten, ist aber unsinnig“, sagt Smulders. Der Farbton lasse sich bei der Produktion über den Myoglobingehalt je nach Präferenz der Kunden manipulieren. Und die unterscheidet sich auch nach Kulturkreis. „Italiener wollen helleres Fleisch, weil sie es für zarter halten. Deutsche eher rosefarbenes´ Fleisch“, berichtet Smulders. Die Aufgabe der Veterinärmediziner in der Forschung ist daher stets eine zweifache: in erster Linie für Sicherheit, also bakteriologisch unbedenkliche Lebensmittel, zu sorgen, aber auch zu untersuchen, wie sich die passende Optik gewährleisten lässt. Der Handel will seine Produkte ja auch verkaufen.
An dieser Herausforderung arbeitet Smulders in einem gemeinsamen Projekt mit Physikern der nordenglischen Universität Liverpool. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie Fleisch auf kaltes Plasma reagiert. Dieser vierte, im Weltall dominierende Aggregatzustand gilt als ideal, um Lebensmittel von Krankheitserregern zu befreien. „Erste Ergebnisse zeigen, dass es keine ungewollten Effekte darauf hat, wie das Fleisch aussieht“, sagt Smulders. Bis die Methode im Handel zugelassen wird, braucht es aber noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit.