Eine „Nespresso-Maschine“produziert DNA
Zwei Grazer Molekularbiologen haben ein Gerät entwickelt, das DNA-Stränge auf Knopfdruck herstellt. Damit verkürzen sie herkömmliche Bereitstellungsprozesse von mehreren Tagen auf eine Stunde.
DNA-Stränge auf Knopfdruck? Das klingt selbst für Laien nach Science-Fiction. Doch genau das ist es, was die Molekularbiologen Alexander Murer und Martin Jost von der Grazer Briefcase Biotec GmbH mit einem patentierten DNA-Drucker schon ab kommendem Jahr ermöglichen wollen. Ziel ist es, die klassische DNA-Synthese soweit zu vereinfachen, dass sie von Labormitarbeitern in der pharmazeutischen und gentechnischen Forschung selbst produziert werden kann.
Seit 2014 arbeitet das Unternehmen an dem sogenannten Kilobaser, der firmenintern liebevoll als „Nespresso-Maschine“für DNA-Stränge bezeichnet wird. Der Spitzname des Gerätes ist auf dessen simple Bedienung zurückzuführen: Um die gewünschten DNA-Stränge zu erhalten, müssen lediglich ein mikrofluidischer Chip und eine Kartusche in den Kilobaser eingelegt werden. Anschließend gibt man die gewünschten DNA-Sequenzen auf einem Display ein. Fertig. In nur einer Stunde sind die DNA-Stränge für Experimente bereit. Derzeit werden diese üblicherweise von einschlägig spezialisierten Firmen produziert und bereitgestellt. Für das Labor fallen im Normalfall rund drei Tage Wartezeit an.
Für die Qualitätskontrolle arbeitet die Briefcase Biotec mit dem vom Wissenschafts- und vom Technologieministerium finanzierten Kompetenzzentrum Austrian Centre of Industrial Biotechnology (ACIB) zusammen. „Wir stellen mittels Massenspektrometrie fest, ob die gewünschte Größe und Sequenz der DNA-Stücke hergestellt wurde“, erklärt die Biochemikerin Ruth Birner-Grünberger. „Das Hauptproblem war zuerst, dass die Stränge zu kurz waren. Es gab immer wieder Abbrüche, bevor die gewünschte Länge einer Sequenz erreicht wurde. Inzwischen konnte die Qualität aber stark verbessert werden.“Die jeweiligen Testergeb- nisse der ACIB gehen zurück an die Briefcase Biotec, die auf deren Basis den DNA-Drucker weiter optimiert. „Man kann sich das Gerät wie eine kleine Chemiefabrik vorstellen“, erklärt Murer. „Die Hardware ist fertig, aber an den chemischen Prozessen schrauben wir noch.“Mögliche Parameter sind die verwendeten Reaktionszeiten und Chemikalien.
Im Labor gebe es viele Abläufe, die zeitintensiv sind, aber jede Beschleunigung sei von Vorteil, so
(Desoxyribonukleinsäure) ist in Form einer Doppelhelix aufgebaut. Ihre Grundbausteine sind die Basen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Diese kommen auch im DNA-Drucker (oder DNA-Synthesizer) des Unternehmens Briefcase Biotec zum Einsatz, der DNA künstlich herstellt.
handelt es sich um ein Verfahren, mit dem Forscher die Masse von Atomen oder Molekülen messen. Birner-Grünberger über den möglichen praktischen Nutzen des Kilobasers in der medizinischen Forschung. „Heutzutage werden bei Patienten schon immer öfter DNASequenzierungen gemacht, und wir haben viele genomische Daten von zum Beispiel Tumoren.“Bei der Erforschung der Ursache für Probleme in Zellen in Zusammenhang mit Mutationen in der DNA, die wiederum für bestimmte Krankheiten verantwortlich gemacht werden, könnten mit dem DNA-Drucker rascher verschiedene Varianten nachgestellt werden. Sprich, Antworten über deren Auswirkungen wären ebenfalls schneller gefunden.
Die vereinfachte Bereitstellung von DNA ist nicht nur für Forschungsabläufe ein Gewinn. Auch für geheime Vorarbeiten zu Patenten, wenn der Forschungsfokus anhand der jeweils benötigten DNA-Sequenzen möglicherweise nur ungern an externe Firmen weitergegeben wird, könnte sich eine laboreigene „DNA-Kaffeemaschine“als praktisch erweisen.