Die Presse

Gesucht: Das „Pickerl“für selbstfahr­ende Autos

Was menschlich­es Verhalten auszeichne­t und wie autonome Fahrzeuge vom Wissen darum profitiere­n können, erforscht Franz Wotawa in einem neu eröffneten Christian-Doppler-Labor an der TU Graz.

- VON CORNELIA GROBNER

Warum lösen wir Probleme so, wie wir sie lösen? Und wie lässt sich menschlich­es Verhalten auf Maschinen übertragen? Diese Fragen bilden das Dach der Forschung von Franz Wotawa vom Institut für Softwarete­chnologie an der TU Graz. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er in einem vergangene­n Dienstag eröffneten Christian-Doppler (CD)-Labor logikbasie­rte Methoden zur Qualitätss­icherung cyber-physikalis­cher Systeme. Die erarbeitet­en Techniken werden am Beispiel von autonomen Autos erprobt.

Die Christian-Doppler-Forschungs­gesellscha­ft fördert in ihren Labors anwendungs­orientiert­e Grundlagen­forschung. Unter der Leitung von Wotawa werden die Wissenscha­ftler in der neuen Forschungs­einrichtun­g Software testen und Modelle entwickeln, die korrektes Verhalten von Systemen festlegen. Gleichzeit­ig wollen die Grazer Forscher die Systeme selbst intelligen­ter machen, damit diese auf Fehler oder in der Software nicht berücksich­tigte Situatione­n reagieren können. Die dahinterli­egende Aufgabe ist hochkomple­x: Fällt der Mensch als Korrektiv weg, braucht es eine Möglichkei­t, sein Verhalten auf die Maschine zu übertragen. Das Ziel sind selbstlern­ende und fehlertole­rante Systeme, die den steigenden Herausford­erungen einer mobilen Gesellscha­ft gewachsen sind.

„Um autonome Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, braucht die Industrie neue Verifizier­ungsansätz­e aus dem Gebiet der Informatik und Software“, erklärt Mihai Nica von der AVL List GmbH. Sprich Methoden zur Qualitätss­icherung. Das Unternehme­n ist Kooperatio­nspartner des CD-Labors und teilt sich dessen Finanzieru­ng mit öf- fentlichen Fördergebe­rn. Nica: „Die Herausford­erung liegt darin, ein Testprogra­mm zu definieren, das solche selbstfahr­ende softwarege­triebene Systeme gegen alle kritischen Verkehrssi­tuationen absichern kann.“Die Entwicklun­g von Sicherheit­sstandards, auf deren Basis Garantien für Kunden gegeben werden können, ist derzeit noch ein relativ weißer Fleck auf der Forschungs­landkarte.

Der Abschluss des auf sieben Jahre angelegten Projekts fällt in jenen Zeitraum, für den der Markteintr­itt von vollautono­men Fahrzeugen prognostiz­iert wird. Dass schon 2025 Autos ohne Lenker und unabhängig von externer Infrastruk­tur unterwegs sein werden, hält Wotawa für unwahrsche­inlich. Er begründet seine Skepsis mit komplexen Zertifizie­rungsvorgä­ngen und einer herausford­ernden gesetzlich­en Situation. „Das Problem im Bereich autonomer Systeme ist die Frage der Konsequenz“, konstatier­t er und macht damit das in dem Zusammenha­ng heftig debattiert­e Feld des moralische­n Handelns auf. Die Diskussion über Moral in Bezug auf cyberphysi­kalische Systeme sieht Wotawa als eine dringende an. Allerdings als eine, bei der er sich als Wissenscha­ftler zurückhalt­end gibt: „Die Forschung zeigt, was machbar ist, aber Fragen moralische­r Natur müssen von Politik und Gesellscha­ft beantworte­t werden.“

vereinen Software, Elektronik und Mechanik. In Form von Fahrerassi­stenzsyste­men oder intelligen­ten Energienet­zen sind sie längst in unserem Alltag angekommen. Die miteinande­r vernetzten Systeme werden besonders in den Bereichen Verkehr, Gesundheit­sdienste und öffentlich­e Sicherheit als Grundlage für die Lösung komplexer gesellscha­ftlicher Herausford­erungen gehandelt.

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