„Die Welt ein kleines bisschen besser machen“
Sinnstiftende Arbeit. Für die jungen Generationen ist es ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen einen Arbeitgeber, wie ihre Frage nach Sinn im Job beantwortet wird. Was Sinn bedeutet, definieren sie allerdings uneinheitlich.
Sie engagierte sich schon während des Studiums für Flüchtlingskinder. Dann hatte Stephanie Peichl (29) ihren BWL-Abschluss in der Tasche und sah ihre berufliche Richtung noch nicht so klar. Ins Consulting zu gehen schien ihr die beste Option. Der Reihe nach besuchte sie die Recruitingevents der großen Beratungen. Die Boston Consulting Group gewann: weil sie ihr „die beste Möglichkeit zu sinnstiftender Arbeit bot“.
Jetzt ist Peichl „eine klassische Beraterin, hauptsächlich für den öffentlichen Sektor“. Ihre Liebe zu sozialen Themen darf sie weiter ausleben. Für ihren Arbeitgeber schrieb sie etwa an einer Studie über die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten mit. In ihrer Freizeit besucht sie Schulklassen und erklärt den Kindern die Wirtschaft. „Mir fehlte das in der Schule“, sagt sie, „als Maturantin hatte ich keine Ahnung, wie eine Firma funktioniert.“Jetzt bringt sie mit „ihren“Kindern Geschäftsideen zur Marktreife, etwa eine Trinkflasche, die zu leuchten beginnt, wenn man zu wenig trinkt. „Damit haben wir sogar einen Preis gewonnen“, erzählt sie voll Stolz.
Seit Anfang April ist Peichl am Zenit ihrer Sinnfindung angelangt. Im Rahmen eines Secondments wurde sie von BCG für die Dauer eines Jahres an die NGO Save the Children International nach London „verliehen“. Dort engagiert sie sich für den institutionellen Kinderschutz – bei vollem Gehalt.
Die junge Consulterin ist eine Vertreterin der Generation Y, die wie auch die Generation Z von ihrem Unternehmen „sinnstiftende Arbeit“erwartet. Viele erheben das zum Entscheidungskriterium, wessen Jobangebot sie annehmen. Doch was sie unter dem Begriff verstehen, wird ganz unterschiedlich ausgelegt.
Für Consulterin Peichl ist die Sache klar: „Sinnstiftend ist, wenn ich weiß, dass ich mit meiner Arbeit die Welt ein kleines bisschen besser mache. Und mein Arbeitgeber mir die Möglichkeit gibt, das mit einer erfolgreichen Karriere zu verbinden.“
Sinnstiftend kann aber auch etwas ganz anderes heißen. Etwa, dass die Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers per se diesen Sinn generiert, sich etwa eines Umweltoder Sozialproblems annimmt.
Für den Deloitte Senior Manager Andreas Hampel ist eine Arbeit sinnstiftend, wenn er damit „das langfristige Bestehen und Wachstum von Unternehmen gewährleisten kann“. Denn das sichere Arbeitsplätze und leiste einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaft.
Klingt gut, doch sollte man bedenken, dass es auch Branchen und Unternehmen gibt, deren Beitrag für Umwelt und Gemeinschaft kein positiver ist. Ob man auch diese berät, ist jedermanns höchstpersönliche Entscheidung.
Und noch zwei Sinndefinitionen von Consultern. Die erste: Sinn ist, an herausfordernden Projekten mit viel Eigenverantwortung zu arbeiten, die der persönlichen Weiterentwicklung dienen. Die zweite: Sinn ist, irgendwann abzuspringen und sein eigenes Start-up zu gründen. In beiden Fällen hält „Sinn“als Umschreibung für eine klassische Karriere her.
Manchmal bedeutet Sinn auch nur, in oder neben der Arbeit Gutes tun zu können. Hampel etwa unterstützt pro bono das Start-up Caramel, das mobile Autoreinigung ohne Wasser und Strom anbietet, die von Menschen mit Fluchthintergrund ausgeführt wird. Hampels Beitrag dazu ist der eines Consulters: strategische Be- ratung, Business- und Finanzpläne, Förderungsanträge und Investorensuche.
Wie sehr Sinnstiftung selbst in rein zahlenlastige Branchen hineinspielt, zeigt der offene Brief von Larry Fink, CEO des US-amerikanischen Vermögensverwalters Blackrock. Via „New York Times“ließ er anderen CEOs ausrichten, dass die Gesellschaft zunehmend darauf bestehe, dass Unternehmen, öffentliche wie private, sozialen Zwecken dienten. Gewinne zu erwirtschaften genüge so wenig wie der überholte Shareholder Value. Um prosperieren zu dürfen (!), müssten Unternehmen auch einen Beitrag für die Gesellschaft leisten (Originaltext unter https://bit.ly/ 2p26QI3). Fink selbst sieht sich auf der Seite der Guten: Sein Unternehmen, das umgerechnet immerhin 4,9 Billionen (sic) Euro anlegt, sorgt dafür, dass Menschen im Alter ein Auskommen haben.
Übrigens: Trotz aller unterschiedlichen Definitionen, was sinnstiftende Arbeit sein kann – eine ist garantiert ausgeklammert: vom Arbeitgeber die Frage nach dem persönlichen Sinn des Lebens beantwortet zu bekommen. Ihn muss jeder für sich selbst finden. Was ist Jeder der befragten Consultants hat seine eigene Definition. Die einen betreffen die eigene Person und reichen von idealistisch (die Welt verbessern) bis traditionell karriereorientiert (persönliche Entwicklung). Die anderen beziehen sich auf die Tätigkeit des Arbeitgebers (nimmt sich z. B. eines Umweltproblems an) oder dessen Beitrag zur Wirtschaft.