„Die größte Herausforderung ist die Zeit“
Die größten Hürden bei berufsbegleitender Weiterbildung.
Den ersten Teil ihres Postgraduate-Studiums Management Consultancy an der Incite, der Qualitätsakademie des Fachverbandes Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (Ubit) der WKO, hat Eva Gasser bereits hinter sich. Die Module, bei denen Anwesenheitspflicht besteht, sowie die Prüfungen hat sie absolviert. Jetzt schreibt die selbstständige Unternehmensberaterin ihre Masterthesis. Nach den größten Herausforderungen in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Studium und Beruf gefragt, kommt es wie aus der Pistole geschossen: „Die Zeit.“Dabei gehe es nicht nur um den Besuch der von Freitagfrüh bis Montagabend dauernden Module, die viermal im Jahr abgehalten werden, sondern auch um die Zeit für die Prüfungsvorbereitung. Nicht zu reden vom Verfassen der Abschlussarbeit: „Für eine Stunde setzt man sich nicht hin, da geht nichts weiter“, sagt Gasser. Sie hat das Problem mit einer kleinen Auszeit gelöst. „Ich arbeite momentan nur so viel, dass ich meine Fixkosten decken kann.“
Etwa zehn Wochenstunden müssten Studierende in der Regel für ein Postgraduate-Studium ver- anschlagen, weiß Dalibor Babic, Deputy Head of Graduate Programs und Program Manager Professional MBA Entrepreneurship & Innovation an der WU Executive Academy.
Dass die Zeit einer der wesentlichsten Punkte ist bei der Vereinbarkeit von Beruf und Postgraduate-Studium, sieht auch Babic. „Die Hauptthemen sind daher Planbarkeit und Flexibilität“, sagt er. Um den Studierenden Ersteres zu ermöglichen, gibt die WU Executive Academy sechs bis zwölf Monate vor Beginn des Curriculums die Termine bekannt. Das helfe nicht nur, Businesstermine, Dienstreisen und Ähnliches zu koordinieren. „Wir haben einen hohen Anteil an internationalen Studenten, die rechtzeitig Flüge und Unterkunft buchen müssen.“Mehrere Monate im Voraus werden auch die Termine der Postgraduate-Studien an der Uni Wien bekannt gegeben. Bei der Flexibilität setzen die Anbieter von Postgraduate-Studien auf Blended Learning; diese Kombination von Präsenzunterricht und E-Learning ist mittlerweile Usus. Apropos lernen: „Wenn man länger davon weg war, muss man erst wieder lernen ler- nen“, erinnert sich Gasser. Die WU Executive Academy bietet daher in der ersten Woche der Lehrgänge eine Veranstaltung zum Thema Lernen im Erwachsenenalter an.
„Dabei wird unter anderem besprochen, welche Lerntypen es gibt und wie diese das Lernen am besten angehen“, erzählt Babic. Individuelle Lerntipps, aber auch Unterstützung beim Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten gibt es auch vom Postgraduate-Center der Uni Wien. „Das hilft besonders jenen, die während ihres Regelstudiums keine Abschlussarbeit schreiben mussten“, sagt Lisa Hellmann vom Postgraduate Cen- ter der Universität Wien. In Workshops sowie individueller Betreuung wird alles Wesentliche vermittelt: von dem Formulieren einer Forschungsfrage über die Methodik bis zu den Zitierregeln.
Eine weitere große Herausforderung sieht Babic in der Finanzierbarkeit der bis zu 49.000 Euro teuren Postgraduate-Studien. „Immer weniger Unternehmen beteiligen sich an den Kosten“, erzählt er. Die WU bietet daher Ratenzahlung sowie Stipendien an und informiert über Förderungen von Bund und Ländern.
Um die mehrjährige Zusatzbelastung gut verdauen zu können, ist nach Ansicht der Experten aber noch etwas ganz wichtig: die Un- terstützung des sozialen Umfelds. „Das Wichtigste bei einem berufsbegleitenden Studium sind eine gute Planung im Vorfeld, eine realistische Einschätzung des Aufwands und die Unterstützung des persönlichen Umfelds“, sagt auch Nino Tomaschek, Direktor des Postgraduate Center der Universität Wien. So unterstützen manche Unternehmen ihre studierenden Mitarbeitern mit unbezahltem oder sogar bezahltem Urlaub oder zusätzlichen Fehlzeiten. Mindestens genauso wichtig, wenn nicht gar wichtiger, ist das Verständnis von Partnern, Familie und Freunden. Zögen diese nicht mit, könne es wirklich schwierig werden, berichten die Experten unisono.