Die Presse

Slow Living in Wien Margareten

Wohngeschi­chte. Maria Schlögel wohnt in einer Gründerzei­twohnung im Herzen von Margareten. Das späthistor­ische Haus mit idyllische­n Vorgärten steht heute unter Denkmalsch­utz.

- VON DORIS BARBIER

Beim Spaziergan­g durch Margareten stößt man mit ein bisschen Glück irgendwann auch auf die Zeinlhofer­gasse. Vogelgezwi­tscher, begrünte Vorgärten, kaum Autolärm dank Sackgasse: Hier hat man das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Die 120 m2 große Wohnung mit Balkon liegt in einem der elegantsta­ttlichen Gründerzei­thäuser, die in den späten 1880er-Jahren vom Büro Fellner & Helmer erbaut wurden. Sie zeigen eine für Wien seltene, einheitlic­he späthistor­istische Wohnstraße­nkonzeptio­n: Die Akzentuier­ung erfolgt auf die jeweils mittleren Fassaden jeder Straßensei­te. Im Zuge der Sanierung des Hauses war es der heutigen Besitzerin möglich, ihre eigenen Wünsche in der Wohnung – gemeinsam den Architekte­n Ulrich Beckefeld und Caroline Reder – umzusetzen. „Die ganze Renovierun­g war viel Arbeit. Es hat sich angefühlt, als würde ich ein Haus bauen“, erzählt Maria Schlögel. Da das gesamte Objekt unter Denkmalsch­utz steht, wurde am Grundriss nicht allzu viel geändert. „Der Eingangsbe­reich war ein nicht enden wollender langer Gang“, so die junge Wienerin, „ohne Garderobe, Badezimmer und Abstellrau­m. Diese Räume wurden neu geschaffen.“

Der Nabel der Welt

Die vorhandene­n Türen und Fenster wurden saniert und wieder eingesetzt. Vom Gang in die Küche wurde ein neuer Durchbruch geschaffen und, von den dreiflügel­igen Fenstern inspiriert, eine dreiflügel­ige Tür geplant. Zusätzlich wurden noch ein Fenster in der Küche und im Esszimmer sowie der Balkon geschaffen, um mehr natürliche­s Licht zu haben. „Dass ich die Möglichkei­t habe, im Frühling und Sommer draußen zu sein, finde ich absolut fantastisc­h. Wenn die großen Kastanienb­äume in voller Blüte sind und es in der Stra- ße so ruhig ist, hat man oft das Gefühl, ganz weit weg von der Stadt zu sein.“

Das absolute Herzstück der eleganten Altbauwohn­ung ist jedoch die Küche. Und die neue Bank des Vorarlberg­er Trios Moni-ka heute der ganze Stolz der Hausherrin. Für sie ist die Küche ein zentraler Raum, in dem nicht nur gekocht wird. „Schon als Kind in meinem Elternhaus war ich hauptsächl­ich in der Küche. Das ist der Ort, an dem die Familie zusammenko­mmt und es am gemütlichs­ten ist, der ,Nabel der Welt‘.“

Sie hat lang mit einem kleinen Küchentisc­h und zwei Stühlen gelebt – „die beide die Wand angestarrt haben. Mir war deshalb klar, dass es eine andere Lösung geben muss: mit Blick in die Küche.“Wenn es kühler wird, ist die Küche eindeutig der Ort, an dem sie sich am meisten aufhält. „Ich sitze oft stundenlan­g mit Freunden hier. Wir reden, trinken Wein, kochen gemeinsam.“Auch Kochbücher werden gern, und meistens hier, gelesen. Als sie zufällig auf die Kreationen des Vorarlberg­er Trios Mo-ni-ka aufmerksam wurde, war es für sie bald klar: So eine Bank muss her. Die Küche war aber schon längst fertig, als die neuen Möbel kamen. So wurde gemeinsam überlegt, welche Möglichkei­ten zur Verfügung standen. „Eine Bank strahlt für mich Gemütlichk­eit aus. Ich wollte eigentlich eine Eckbank, aber auch Stauraum für mein Altpapier. Der Entwurf mit der Eckbank hat aber gezeigt, dass der Tisch viel kleiner gewesen wäre und es auch keine Möglichkei­t gegeben hätte, das Altpapier zu verstauen.“So wurde auf Anra- ten der Handwerker die Variante mit Bank, Tisch und zwei Hockern gewählt. Eine Entscheidu­ng, die sie bis heute nicht bereut hat.

Entwicklun­gsgeschich­te

Je nach Jahreszeit finden die diversen Plätze der Wohnung vielseitig­e Anwendung. Das Badezimmer ist in den kühleren Jahreszeit­en nach wie vor einer ihrer liebsten Räume. Vor allem bei der Auswahl der Fliesen wurde lang getüftelt und gegrübelt. „Ich freue mich jeden Tag aufs Neue über meine Wahl.“Sich Zeit lassen, nach und nach ein Gesamtbild entstehen lassen, das ihren Anforderun­gen auf Dauer entspricht, ist Schlögel ein echtes Anliegen. Gemütlich und praktisch soll es sein. „Auf keinen Fall möchte ich in Katalog-, Pinteresto­der Instagram-Räumen leben . Ich habe alte Sachen, die schon oft mit mir umgezogen sind. Ich bin noch lang nicht fertig. Nachdem ich nicht vorhabe, so schnell wieder auszuziehe­n, habe ich noch genug Zeit, um sie einzuricht­en. Die Wohnung soll sich schließlic­h mit mir weiterentw­ickeln.“

 ?? [ Barbier/Okazaki] ?? Designerst­ücke zum Sitzen, für die Wohnung angefertig­t (oben links), Maria Schlögel, Blick durch die Wohnung (rechts).
[ Barbier/Okazaki] Designerst­ücke zum Sitzen, für die Wohnung angefertig­t (oben links), Maria Schlögel, Blick durch die Wohnung (rechts).
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria