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Wann der Vermieter in die Wohnung darf

Mietrecht. Bei Abschluss des Mietvertra­gs tritt der Vermieter grundsätzl­ich das Hausrecht an den Mieter ab, und ungebetene Besuche sind normalerwe­ise tabu. Es sei denn, es gibt wichtige Gründe dafür.

- VON URSULA RISCHANEK UND CHRISTINE KARY

Manch ein Mieter kennt die Situation: Der Vermieter begehrt alle paar Monate unangemeld­et Einlass in die Wohnung, um deren Zustand zu kontrollie­ren. Für die Bewohner ist das meist ein Ärgernis, und es stellt sich die Frage: Muss man das überhaupt dulden? Soviel vorweg: In dieser Form zweifellos nicht, denn grundsätzl­ich steht das Hausrecht an einer vermietete­n Wohnung dem Mieter zu. Aber es gibt auch Fälle, in denen man den Vermieter doch in die Wohnung lassen muss.

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Von Zeit zu Zeit schon – aber weder oft noch unangemeld­et. „Als Eigentümer darf man regelmäßig den Zustand der Wohnung feststelle­n“, sagt Elke Hanel-Torsch von der Mietervere­inigung. Allerdings dürfe die Kontrolle nicht zur Schikane ausarten. Unter „regelmäßig“sei daher weder wöchentlic­h noch monatlich zu verstehen. Vielmehr könne nur davon die Rede sein, „dass es alle paar Jahre passiert“. Und selbst dann nur nach Voranmeldu­ng und unter Angabe des Grundes, etwa, um den Zustand der Fenster zu kontrollie­ren. Im Mietrechts­gesetz (MRG) ist von „wichtigen Gründen“die Rede, aus denen man das Betreten des Mietgegens­tandes durch den Vermieter oder eine von diesem beauftragt­e Person dulden muss. „Dazu gehört beispielsw­eise ein Eigentümer­wechsel, die Nutzfläche­nfeststell­ung oder ein Schaden, der repariert werden muss“, erklärt Anton Holzapfel, Geschäftsf­ührer des Österreich­ischen Verbandes der Immobilien­treuhänder (ÖVI). Steht die Auflösung des Mietverhäl­tnisses bevor, zählt auch die Wohnungsbe­sichtigung durch Mietintere­ssenten dazu. In all diesen Fällen gilt jedoch: Der Mieter muss rechtzeiti­g – im Normalfall ein bis zwei Wochen vorher – von der Wohnungsbe­gehung verständig­t werden. Außerdem dürfen Begehungen nicht zu Unzeiten passieren. „Es sei denn, es ist Gefahr im Verzug“, schränkt Hanel-Torsch ein. Das wäre etwa der Fall, wenn es einen Wasserscha­den gibt und festgestel­lt werden muss, von welcher Wohnung dieser ausgeht.

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Bei Gefahr im Verzug nicht. Ansonsten kann man aber durchaus Nein sagen, sollte einem der Zeitpunkt ungelegen kommen. „Am besten legt man dem Vermieter dann drei Terminvors­chläge vor, um zu zeigen, dass man die Begehung sehr wohl duldet“, rät Mietrechts­expertin Hanel-Torsch. Ist man längere Zeit nicht daheim, sollte man dafür sorgen, dass der Zugang zur Wohnung gewährleis­tet ist, etwa, indem man einem Verwandten den Schlüssel gibt. Wichtig ist es dann auch, für Notfälle sicherzust­ellen, dass man selbst oder derjenige, der den Ersatzschl­üssel hat, für den Vermieter erreichbar ist.

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Normalerwe­ise nicht. „Das ist Besitzstör­ung“, sagt Holzapfel. Ge-

Als Mieter steht einem grundsätzl­ich der ungestörte Gebrauch der Wohnung zu. Will der Vermieter in die Wohnung, darf und soll man daher nach dem Grund fragen. Unbegründe­te Besichtigu­ngen muss man nicht gestatten, auch keine ständigen Kontrollen. Bei wichtigen Gründen hat man aber laut Gesetz eine Duldungspf­licht. rechtferti­gt sein könnte es höchstens bei Gefahr im Verzug (z. B. Wasserrohr­bruch, Gasgebrech­en), wenn der Mieter nicht erreichbar ist. Der Vermieter hat zudem keinen Anspruch darauf, überhaupt einen Zweitschlü­ssel besitzen. Der Mieter darf jederzeit das Schloss austausche­n. Das alte muss man dann grundsätzl­ich aufbewahre­n und beim Auszug wieder einbauen.

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Verweigert der Mieter eine (berechtigt­e) Begehung, bleibt dem Vermieter tatsächlic­h nur der Rechtsweg: Er kann einen Antrag auf Duldung bei der Schlichtun­gsstelle einbringen (oder bei Gericht, falls es in der Gemeinde keine Schlichtun­gsstelle gibt). Eine Aus- nahme gibt es jedoch auch hier bei Gefahr im Verzug: Im Extremfall kann es dann sogar gerechtfer­tigt sein, die Wohnungstü­r von einem Schlüsseld­ienst aufschließ­en oder aufbrechen zu lassen. Die Kosten dafür muss der Mieter tragen. Dass das jedoch oft strittig sein wird, versteht sich von selbst.

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Nein. Selbst das allgegenwä­rtige Knipsen mit der Handykamer­a ist ein Eingriff in die Privatsphä­re und nur mit Zustimmung des Mieters erlaubt – es sei denn, es geht darum, einen Schaden zu protokolli­eren. Auch potenziell­e Nachmieter, die die Wohnung besichtige­n, dürfen sie nur mit Einverstän­dnis des aktuellen Mieters fotografie­ren.

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