Die Presse

Was ich lese

- RAPHAELA EDELBAUER Autorin, geboren 1990 in Wien, Gewinnerin des Rauriser Literaturp­reises 2018 [ Foto: Archiv ]

Auf Empfehlung des wunderbare­n Fritz Ostermayer lese ich gerade Bei den Bieresch von Klaus Hoffer (Droschl Verlag, Graz) – eine herrliche bizarre Österreich-Groteske, die von der mythenschw­angeren Welt der Völker am Neusiedler See handelt.

Ein junger Mann gerät dabei, da es der Brauch so vorsieht, in das Dorf Zick, in der er für ein Jahr die Rolle seines soeben verstorben­en Onkels einnehmen muss. Dabei verstrickt er sich zusehends in den Verfilzung­en von Regeln, Bräuchen und Ritualen der Bieresch, deren einzige Tätigkeit die Exegese ihrer eigenen Lebensweis­e ist.

Hoch philosophi­sch und gleichzeit­ig von einer existenzie­llen Komik ist es dabei, wie der sogenannte Protagonis­t Hans, der wie sein Onkel Briefträge­r sein muss, sich in Gesprächen mit den „Göds“immer tiefer in einer bizarren Verweisstr­uktur verfängt, in der banalste Ereignisse zu kosmischen Metaphern stilisiert werden.

Letztlich ist mir der Text nahe, da er mehr als alles andere von der Sprache selbst handelt – davon, dass sowohl Worte als auch Regeln ohne Auslegung nicht verwendbar sind, durch die dafür nötige Interpreta­tion aber auf der anderen Seite opak und unverständ­lich werden.

Die Sinnsuche bleibt semantisch das, was den Sinn letztlich entstellt. Klaus Hoffers Debüt ist ein zu Unrecht häufig übersehene­r Schatz der österreich­ischen Literatur. Und: Auf den Gewinn des Rauriser Literaturp­reises war ich zum ersten Mal wirklich stolz, als ich las, dass Hoffer ihn für dieses Buch 1975 ebenfalls erhalten hat.

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