US-Schlag gegen Oligarchen
Russland. Mit neuen Sanktionen trifft die US-Regierung Milliardäre in Putins Umfeld. In Teufels Küche könnten künftig auch Nichtamerikaner kommen, die mit ihnen Geschäfte machen. Was bedeutet das für Strabag, OMV oder Siegfried Wolf ?
Die Sanktionen der USA gegen Russland betreffen auch Nichtrussen. Was bedeutet das für Strabag, OMV und Siegfried Wolf?
Sanktionen, so heißt es oft, seien nicht viel mehr als diplomatischer Theaterdonner. Aber wenn die Aktien dreier Industrieriesen an den Börsen von London, Hongkong und Moskau innerhalb von Minuten rund ein Fünftel ihres Wertes verlieren, dann geht es offenkundig um weit mehr als nur Symbolpolitik. Die am späten Freitagnachmittag verhängten, bisher härtesten RusslandSanktionen des Weißen Hauses richten sich nicht nur gegen Funktionäre. Sie treffen erstmals auch Oligarchen, die Präsident Putin besonders nahestehen, und deren Firmen.
Die Amerikaner statuieren ihr Exempel vor allem an Oleg Deripaska: An acht der zwölf Unternehmen auf der Liste ist der Aluminium-Tycoon maßgeblich beteiligt. Der Schlag schmerzt auch Österreich: Deripaska ist Miteigentümer des heimischen Baukon- zerns Strabag. Der frühere Magna-Vorstand Siegfried Wolf arbeitet seit über sieben Jahren als einer der wichtigsten Manager in seinem Imperium.
Warum aber ziehen die Strafmaßnahmen gegen Wirtschaftseliten in Putins Umfeld so weite Kreise? Einen unmittelbaren Zugriff hat die amerikanische Justiz ja nur auf ihr eigenes Territorium. Die US-Regierung friert aber nicht nur das Vermögen der Geächteten in den USA ein. Sie verbietet auch allen US-Bürgern und -Unternehmen, mit ihnen und ihren Firmen Geschäfte zu machen. Das schließt die Betroffenen vom amerikanischen Markt aus. Schlimm etwa für Rusal: Der Aluminiumriese, an dem Deripaska über seine Holding 48 Prozent hält, hat bisher zehn Prozent seines Umsatzes in den USA gemacht. Das Verbot umfasst auch den Bezug von Dollar. Das könnte den Verkauf von Rohstoffen, die in dieser Währung notieren, für die Betroffenen blockieren. Neben solchen „primären“gibt es aber noch „sekundäre“Sanktionen – und hier wird es auch für Österreichs Wirtschaftsakteure brenzlig. In der neuen Runde an Strafmaßnahmen heißt es nun ausdrücklich: Die Sanktionen nehmen auch Nicht-US-Bürger ins Visier, die „wissentlich erhebliche Transaktionen für die betroffenen Personen und Firmen ermöglichen“. Mit ihnen dürfen Amerikaner ebenfalls keine Geschäfte mehr machen, sonst drohen ihnen Geldbußen oder Gefängnis. Das könnte im schlimmsten Fall auch Partner der Russen aus dem USMarkt und dem Dollar verbannen.
Zugang zum Kapitalmarkt erschwert
Dieses Damoklesschwert schwebt nun streng genommen über vielen: Kapitalgebern, Kunden und Lieferanten. Kopfzerbrechen löst der US-Schlag etwa bei VW aus: Der deutsche Autobauer hat eine gemeinsame Fabrik mit dem russischen Hersteller GAZ, der zu Deripaskas Reich gehört (Wolf hat ihn in den vergangenen Jahren saniert). Zu den Hauptkunden von Rusal wiederum gehören Toyota und der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore, der zugleich Anteilseigner ist. Ebenfalls zum Paria gestempelt wurden der legendäre Oligarch Viktor Vekselberg und seine Renova, die an den Schweizer Konzernen Sulzer und Oerlikon beteiligt ist.
Die große Frage ist: Wird die Suppe so heiß gegessen, wie sie gekocht wird? Sind auch Alltagsgeschäfte von dem Bann betroffen? Darüber rauchen nun, nach der Schockstarre übers Wochenende, die Köpfe in den Rechtsabteilungen. Die Strabag kann die Auswirkungen bisher offiziell noch nicht abschätzen. Deripaska hält an ihr eine Sperrminorität von 25,9 Prozent über den sanktionierten Industriekonzern Basic Element und eine zypriotische Firma. Der 50-Jährige selbst nennt die Sanktionen „unbegründet, lächerlich und absurd“.
Für die russischen Unternehmen stellt sich eine andere Schicksalsfrage: Wie stark erschwert sich für sie der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt? Einige haben Anleihen in Euro begeben. Müssen US-Investoren diese Schuldtitel abstoßen, fällt der Kurs, und die Zinslast steigt. Geraten die Firmen in finanzielle Probleme, könnten sie an der Börse noch viel massiver an Wert verlieren.
Aber auch wenn sich diese Schreckgespenster verziehen sollten: Nachhaltig dämpfen dürfte der Vergeltungsschlag das Interesse westlicher Unternehmen an Kooperationen in Russland. Denn Deripaska ist nur ein erstes, eher willkürliches Opfer. Andere sollen in späteren Runden folgen. Washington zielt auf alle „russische Oligarchen und Eliten“ab, „die von diesem korrupten System profitieren“. Schon jetzt auf der Liste befindet sich Alexej Miller, der Chef von Gazprom. Der teilstaatliche Gaskonzern selbst, mit dem die OMV eng kooperiert, ist aber (noch) nicht betroffen. Gleiches gilt für die VTB-Bank und ihren Chef, Andrej Kostin.
Begründet wird die zweite Runde an Sanktionen mit einem „wachsenden Muster bösartiger Aktivitäten Russlands in der Welt“. Zu ihr drängte der US-Kongress, der dafür im Vorjahr fast einstimmig die gesetzliche Basis geschaffen hatte. Aber Präsident Trump zögerte bei der Umsetzung und sendete versöhnliche Töne nach Moskau, was auch Republikaner kritisierten – nicht zuletzt wegen vermuteter Verbindungen seines Wahlkampfteams zu Russland.