Die Presse

Facebook richtet sich nach der EU

Datenschut­z. Das soziale Netzwerk will offenbar die neuen EU-Standards für Datenschut­z, die ab 23. Mai gelten werden, nicht nur in Europa, sondern weltweit befolgen.

- VON MICHAEL LACZYNSKI

An der Europäisch­en Union kommt Facebook nicht leicht vorbei – auch wenn der US-Internetko­nzern es gern anders hätte. Ursprüngli­ch hat das soziale Netzwerk nicht vorgehabt, die strengen europäisch­en Datenschut­zvorschrif­ten auch außerhalb der EU anzuwenden. Doch der Skandal um die Weitergabe von persönlich­keitsbezog­enen Daten an die Wahlhelfer von Donald Trump dürfte offenbar zu einem Umdenken geführt haben – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich unter den 87 Millionen betroffene­n Facebook-Usern rund 2,7 Millionen EU-Bürger (darunter vermutlich rund 35.000 Österreich­er) befinden. Nun will der Konzern offenbar doch die am 23. Mai in Kraft tretenden EU-Datenschut­zstandards weltweit befolgen. Europa habe hinsichtli­ch des Umgangs mit Daten einen Vorsprung, gab Facebook-Vorstandsv­orsitzende Sheryl Sandberg vergangene Woche in einem Interview mit der „Financial Times“zu.

Wie groß dieser Vorsprung ist, wird sich in naher Zukunft weisen. Die für Verbrauche­rschutz zuständige EU-Kommissari­n, Veraˇ Jourova,´ wird noch im Laufe der Woche mit Sandberg konferiere­n – unter anderem, um in Erfahrung zu bringen, wie Facebook die neue EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) umzusetzen gedenkt. Und seit dem gestrigen Montag informiert der US-Konzern jene User, deren Daten an das britische Analyse-Unternehme­n Cambridge Analytica unrechtmäß­ig weitergege­ben worden sind. Cambridge Analytica hat im Vorfeld der USPräsiden­tenwahl 2016 anhand dieser Daten Persönlich­keitsprofi­le erstellt, um potenziell­e Sympathisa­nten von Donald Trump gezielt ansprechen zu können.

Die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung ist nichts weniger als eine Generalübe­rholung der europäisch­en Gesetzesla­ge, denn die bisher geltenden Vorschrift­en stammen aus dem Jahr 1995 – also aus der Steinzeit des Internets, als von Google, Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. noch keine Rede war. Im Kern zielt sie darauf ab, die Verbrauche­r als Urheber der persönlich­keitsbezog­e- nen Daten aufzuwerte­n und jene Unternehme­n, die mit diesen Daten arbeiten bzw. sie gewerblich verwerten, stärker in die Pflicht zu nehmen. So müssen User künftig unmissvers­tändlich zustimmen, wenn sie Unternehme­n ihre Daten zur Verfügung stellen. Für die Übermittlu­ng dieser Daten in ein Drittland (besonders relevant für Konzerne mit Serverfarm­en in den USA) müssen die Firmen ebenfalls eine ausdrückli­che Zustimmung einholen. Fixer Bestandtei­l ist das sogenannte Recht auf Vergessenw­erden – also der Anspruch auf Löschung personenbe­zogener Informatio­nen. Bei Zuwiderhan­dlung drohen Unternehme­n Bußgelder von maximal 20 Mio. Euro bzw. bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes – was sich im Fall von Facebook vergangene­s Jahr auf knapp 1,4 Mrd. Euro summieren würde.

Hinzu kommt, dass die Brüsseler Behörde am morgigen Mittwoch eine neue Front eröffnen wird – die Kommission will nämlich im Rahmen ihres neuen Gesetzespa­kets zum Konsumente­nschutz Sammelklag­en von Verbrauche­rn gegen Unternehme­n ermögliche­n. Dieser Passus betrifft Facebook direkt, denn der österreich­ische Datenschut­zaktivist Max Schrems hat bereits 2014 eine Sammelklag­e gegen Facebook angestrebt. Die Causa wanderte durch die österreich­ischen Instanzen und landete schlussend­lich beim Europäisch­en Gerichtsho­f. Im Jänner 2018 wiesen die Luxemburge­r Höchstrich­ter das Ansinnen zurück – mit der Begründung, dass EU-weite Sammelklag­en nicht zulässig seien. Schrems darf demnach nur als Einzelpers­on gegen Facebook vor Gericht ziehen – noch.

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