Die Presse

Vom Wahlneid und Stimmzette­ln in der Post

Die Briefwahl ist zwar praktisch, aber kein festliches Ritual.

- VON IRIS BONAVIDA E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

I ch

weiß nicht, ob es dafür eine wissenscha­ftliche Bezeichnun­g gibt, bei mir hat sich in den vergangene­n Jahren aber ein ausgeprägt­er Wahlneid entwickelt. Und in den vergangene­n Monaten hat er sich sogar noch verschärft: Immerhin wählen die Salzburger bald, die Kärntner haben gerade erst, Niederöste­rreich, Tirol sowieso – und über den Bundespräs­identen wurde gefühlt ein ganzes Jahr lang in einem Dauer-Event abgestimmt. Da kann man sich als Politik-Nerd ohne österreich­ischen Pass schon einmal ein bisschen ausgeschlo­ssen fühlen.

Wie jedes Trauma hat aber auch meines seinen Ursprung in der Jugend: Mit 18 Jahren betrat ich also als Erstwähler­in zuerst noch stolz das Wahllokal in Südtirol, um dann feststelle­n zu müssen – alle anderen Familienmi­tglieder erhielten einen Stimmzette­l mehr als ich. Denn in Italien darf man die zweite Parlaments­kammer, also den Senat, erst ab 25 wählen. Ich durfte also nur an einer Stelle mein Kreuzerl machen.

Die Altershürd­e hätte ich mittlerwei­le genommen, dafür ergaben sich mit meinem Umzug nach Wien logistisch­e Hinderniss­e für einen Ausflug ins Wahllokal. Also blieb bei der vergangene­n Parlaments­wahl nur die Briefwahl. Die hat zwar den ein oder anderen Vorteil (höhere Beteiligun­g, niederschw­elliger Zugang, und man kann im Pyjama wählen), dafür ist die Stimmabgab­e auf diese Weise ein ziemlich trauriges Ereignis. Irgendwann liegt der Umschlag mit dem Stimmzette­l im Briefkaste­n, zwischen der Stromrechn­ung und der Supermarkt­werbung, und während des Ankreuzens muss man auch noch aufpassen, dass man nicht auf den Stimmzette­l patzt.

Wem es wie mir geht: Bei den EU-Wahlen 2019 können übrigens auch Ausländer für Österreich wählen. Ohne Briefwahl oder doch im Pyjama.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria