Eine riesige Marx-Statue für Trier – made in China
Triumph von Kommunismus oder Kapital? Ausgerechnet von China lässt sich die Geburtsstadt von Karl Marx ein Jubiläumsdenkmal schenken. Hier triumphiert das Kapital: Chinas Touristen pilgern eben gern nach Trier.
Fünfeinhalb Meter hoch – inklusive Unterbau – ist der bronzene Riesen-Marx. Er soll am 5. Mai, dem 200. Geburtstag von Karl Marx, in Trier aufgestellt werden. Dort wurde der Philosoph geboren, und das kommunistische China hat sich zum Jubiläum dieses Geschenk für die Stadt ausgedacht.
Auch wenn die Trierer Bürger nie in der DDR gelebt haben – viele sind, wie man hört, irritiert bis empört. Marx-Denkmäler verband man bisher mit dem Ostblock. Im sächsischen Chemnitz etwa hat der über sieben Meter hohe, grimmig dreinblickende Marx-Kopf überlebt; die Chemnitzer nennen ihn scherzhaft „dor Nischl“(„der Schädel“); er gehört einfach zum Lokalkolorit, man ist ihn gewöhnt.
Etwas anderes ist es, ein neues monumentales Marx-Denkmal aufzustellen – noch dazu in Zeiten, in denen es unüblich geworden ist, bekannte Persönlichkeiten mit Statuen zu ehren. Marx habe „die geistigen Grundlagen für die kommenden kommunistischen Diktaturen“geschaffen, kritisiert die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft. Die Statue könne und solle zum Diskurs anregen, meint dagegen der SPDBürgermeister.
Wenn das der Zweck von Statuen ist, kann man freilich auch Stalinoder Hitlerstatuen aufstellen.
Natürlich kann man Marx als Philosophen würdigen, ohne seine Rolle als Ideengeber und die Nachgeschichte seines Denkens zu verharmlosen. Doch auch wenn man findet, dass er als „Großer“geehrt gehört: Vielleicht müsste das Denkmal nicht unbedingt so riesig sein. Vielleicht müsste es nicht unbedingt aus China kommen. Vielleicht müsste es nicht unbedingt von einem dortigen Staatskünstler entworfen sein (Wu Weishan, Direktor des chinesischen Nationalmuseums). So wirkt die Statue wie eine freundschaftliche Geste gemeinsamer Erinnerung an ideell Verbindendes.
Zugleich triumphiert hier, so gar nicht im Sinne Marx’, das Kapital. Pecunia non olet, weiß man nicht nur in Österreich, sondern auch in Trier. Die Stadt ist als Marx-Pilgerort bei chine- sischen Touristen beliebt, sie haben schon bisher sehr gern das Karl-MarxHaus besucht. Hier kam Marx zur Welt, im Jahr darauf übersiedelte die Familie in ein Haus nahe dem römischen Wahrzeichen von Trier, der Porta Nigra: dort, wo nun die Statue ihren Platz erhalten soll.
Die einstige DDR-Stadt Neubrandenburg hat ebenfalls über eine MarxStatue diskutiert – eine, die man nach dem Ende der DDR ins Depot geräumt hatte. Zum 200. Geburtstag wird die Stadt ihren Marx wieder aufstellen. Der Bürgermeister hat sich mit seiner originellen Idee nicht durchgesetzt: Er wollte sie, schön auf einem Sockel, hinlegen: „Man könnte sagen, Marx braucht eine Denkpause.“