Sommerliebe
Es ist eine Sommerliebe. Sie fängt mit den warmen Temperaturen an, und sie ist sofort vergessen, wenn es kalt wird: das abendliche Sitzen am Donaukanal.
Der Kanal, das ist einfach die beste Alternative, wenn man es untertags nicht mehr bis zur Alten Donau schafft. Es gibt Wasser (gut, es ist nicht zum Schwimmen), es gibt Getränke, die man kaufen oder selbst mitnehmen kann, die Graffiti machen alles irgendwie bunt, es riecht nach Sand und Essen, und irgendwer packt immer eine Gitarre aus.
Auf den Donaukanal können sich außerdem alle einigen. Da er zentral liegt und in Wahrheit verschiedene Abschnitte hat, die man klug zu wechseln weiß. Die eine Gruppe geht am liebsten ins Flex und beobachtet auf der anderen Seite die Hemddichte im Tel Aviv Beach (wie sie auch im Motto am Fluss zu finden ist), und der Rest findet sich irgendwo zwischen Adria und Hafenkneipe wieder. Was der neu geplante Beachclub Blumenwiese mit der Aufteilung macht, darf daher genau beobachtet werden.
Man muss den Kanal auch zu bedienen wissen. Wer vorn in den Liegestühlen sitzt, will gesehen werden, wer in der zweiten Reihe sitzt, will sehen. Wer auf dem Boden hockt, will einfach nicht immer für alles zahlen – außerdem ist die Chance höher, dass sich jemand dazusetzt. Es heißt ja nicht, dass der Donaukanal fehlerfrei wäre. Die Lokale sind an heißen Tagen überlaufen, und was einem in vergangenen Sommern manchmal für Essen und Trinken abverlangt wurde, sind Innenstadtpreise, obwohl man auf klapprigen Sesseln sitzt. Und wo bitte sind nach all den Jahren die Toiletten? Aber noch geht sich das alles irgendwie aus – ein bisschen Sommerfeeling inmitten von Beton.