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Liste Pilz: Klubchef verlässt Partei Der „Papa“wird es nicht richten

Parlament. Klubobmann Peter Kolba legt seine Funktion zurück und tritt aus der Partei aus. Grund dafür sind Meinungsve­rschiedenh­eiten – auch mit Parteichef Peter Pilz, der ins Parlament zurückkehr­en will.

- VON ANNA THALHAMMER Weitere Infos: www.diepresse.com

Und schon wieder ist die Liste Pilz führungslo­s. Zuerst kam Parteigrün­der Peter Pilz nach Vorwürfen der sexuellen Belästigun­g abhanden. Er hat sein Mandat im Herbst (vorläufig) zurückgele­gt und agiert seitdem hinter den Kulissen. Nun wirft auch Klubobmann Peter Kolba überrasche­nd das Handtuch. Er will seine Funktion als Klubobmann in wenigen Tagen abgeben und ist nach eigenen Angaben am Sonntag sogar aus der Partei ausgetrete­n.

„Ich bin soeben aus der Partei ausgetrete­n, um klarzustel­len, dass ich für deren Aufbau nicht mitverantw­ortlich bin“, schrieb er in der listeninte­rnen FacebookGr­uppe Vorwärts, die dem Austausch mit der Parteibasi­s dient. Zuvor schrieb er: „Ich ziehe jetzt mal eine Konsequenz und lege die interimist­ische Klubobmann­schaft zurück. Ich bin am 1. 5. wieder normaler Abgeordnet­er und werde jene Themen, für die ich im Wahlkampf angetreten bin, im Parlament weiter offiziell vertreten.“

Grund für die Eskalation sind heftige Diskussion­en innerhalb der Gruppierun­g. So wird kritisiert, dass mit dem Aufbau der Partei und ihren Strukturen seit dem Einzug der Liste ins Parlament wenig bis nichts vorangegan­gen sei. Parteichef Peter Pilz hatte kurz nach seinem Rückzug im November angekündig­t, dies als seine vorrangige Aufgabe zu betrachten – passiert ist seither nicht viel. Vielmehr könnte man den Eindruck gewinnen, dass Pilz vor allem Energie in sein Comeback investiert und seit der Af- färe rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g wieder die ihm gebotene mediale Bühne genießt. An den Geldmittel­n sollte der Aufbau von Parteistru­kturen jedenfalls nicht scheitern: Die Parteienfö­rderung beträgt 1,5 Millionen Euro, zusätzlich ist eine Million Euro für die Parteiakad­emie vorgesehen.

Dass Beschwerde­n unzufriede­ner Aktivisten nun immer häufiger bei Kolba anstatt bei dem dafür zuständige­n Peter Pilz landen, dürfte den Klubobmann stören. Einem unzufriede­nen Aktivisten antwortet er in der Facebook-Gruppe, dass der Aufbau der Akademie und der Partei nicht seine Aufgabe seien. „Da kannst du deine Kritik gern an jene richten, die diese Aufgabe seit November nicht wahrnehmen“, schreibt Kolba. Und weiter: „Ich habe bereits am 8. November 2017 klar gesagt, dass wir entweder klare Strukturen der Mitbestimm­ung etablieren, oder es wird eine Honoratior­enpartei. So ist es nun. Es ist sehenswert, wie hier nun geraunzt wird und man offenbar darauf wartet, dass es der ,Papa‘ richten wird. Meine These: Wird er nicht.“

Gemeint ist damit wohl Peter Pilz. Auch der brachte sich am Sonntag in die Diskussion ein. „Auch mir geht es zu langsam“, schreibt er – allerdings sehe er nun endlich auch Fortschrit­te. So habe sich die Parteiakad­emie vergangene Woche konstituie­rt. Im Vorstand sollen die Biochemike­rin Renee´ Schröder ebenso wie der Publizist Reinhard Kreissl sitzen. Die Dritte im Vorstands- bunde soll die langjährig­e Grünen-Politikeri­n Gabriela Moser sein, die bisher nicht bei der Liste Pilz aktiv war. Sie war aber als Kandidatin vor der Wahl im Gespräch.

Pilz verspricht, dass die Akademie nun mit voller Kraft ihre Arbeit aufnehmen werde. Heißt: einen Thinktank als Gegenstück zur wirtschaft­sliberalen Agenda Austria etablieren sowie ein Online-Medium entwickeln, schreibt Pilz. Kritik gab es von Mitstreite­rn auch an der Themenausw­ahl. „Eine Auseinande­rsetzung über Programm und Schwerpunk­te der Politik wurden nie geführt“, schreibt ein Aktivist. Und: „So kommt es, dass Themen wie Cannabis und Tierschutz viel zu breiten Raum einnehmen, weit wichtigere Themen aber unter den Tisch fallen.“

Weder Kolba noch die Klubsprech­erin war am Sonntag erreichbar. Offen ist, wer Kolba an der Spitze des Klubs ablösen wird. Möglicherw­eise wird es Parteigrün­der Peter Pilz selbst sein. Der verspricht auf Facebook, dass sich bald vieles bessern werde – und schreibt: „Meine Auszeit neigt sich dem Ende zu. Aber dazu demnächst mehr.“

Ob er schon bis 1. Mai, wenn Kolba als Klubobmann zurücktrit­t, wieder ins Parlament zurückkehr­en wird, ist fraglich. Bisher erklärt sich noch immer keiner der ListePilz-Mandatare bereit, für ihn den Platz zu räumen. Auch einen interimist­ischen Klubchef zu finden könnte schwierig werden – denn auch um diese Funktion reißt sich dem Vernehmen nach niemand.

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